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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

Beachten Sie bitte, dass dieser Artikel vor 3797 Tagen veröffentlicht wurde.

Chancen für Frauen verbessern

Regionales Bündnis für mehr weibliche Führungskräfte

VON WERNER VOLKMAR

Wetzlar. „Es ist ein dickes Brett, aber mit Ausdauer und Engagement werden wir es bohren.“ So lautet das Resümee zum Treffen „Zukunft weiblich gestalten! – Mehr Frauen in Führungspositionen“ im Wetzlarer Kreishaus.

Vor 15 Monaten wurde das regionale Bündnis gestartet, jetzt zogen rund 40 meist weibliche Führungskräfte der sieben beteiligten Firmen zusammen mit der Kreisverwaltung als Träger der Initiative eine erste Bilanz.

Die auf vier Jahre angelegte Initiative der Bundesregierung „Mehr Frauen in Führungspositionen“ wird von der „Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft“ (EAF) ge-tragen. „Wir sind stolz, dass der Lahn-Dill-Kreis als einzige Kommune in Hessen zu den bundesweit zehn regionalen Bündnissen zählt, die diese Initiative umsetzen sollen“, betonte Landrat Wolfgang Schuster, als er die Teilnehmerinnen begrüßte. Dazu gehöre die Aufgabe, die Wirtschaft im Industrieraum Lahn-Dill weiblicher zu gestalten. „Bei der Frauenbeschäftigung liegen wir deutschlandweit eher im Mittelfeld und haben noch viel Luft nach oben“, so der Landrat, der sich dafür aussprach, Strukturen zu schaffen, die es den Frauen ermöglichten, Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen.

Angst vor der Technik nehmen

Den sieben beteiligten Unternehmen Friedhelm Loh Group (Haiger), Sparkasse Wetzlar, Sparkasse Dillenburg, Transland Spedition (Haiger), Bosch Thermotechnik (Wetzlar), Carl Zeiss Sports-Optics (Wetzlar) und Süß Oberflächentechnik (Wetzlar) dankte der Landrat für ihre Entscheidung, sich auf dieses Bündnis einzulassen. „Sie bringen mehr soziale Kompetenz und Kreativität mit, ein wichtiges Argument, wenn es darum geht, die Chancen für Frau-en zu verbessern“, betonte der Kreishauschef, der das regionale Bündnis leitet. Er würde sich wünschen, dass noch mehr heimische Unternehmen den Schritt wagen und sich diesem Projekt anschließen würden.

„Während 52 Prozent der Abiturienten und 53 Prozent der Studenten Frauen sind, liegt der vergleichbare Anteil an den Technischen Fakultäten der Hochschulen bei 42 Prozent“, erklärte Anita Röhm, Professorin an der Technischen Hochschule Mittelhessen“, die Zurückhaltung der Frauen, wenn es um technische Berufe geht. Auch beim Studium Plus seien in dem Fach „Wirtschaftsingenieurwesen“ nur zehn Prozent der Kommilitonen weiblich. Der ganze Bereich „Technik“ sei noch immer eine Männerdomäne, obwohl Frauen, wenn sie diese Ausbildungsrichtung einschlagen, wesentliche bessere Abschlüsse vorweisen als ihre männlichen Kollegen. Begründung: Sie gehen mit mehr Ehrgeiz an die Sache, weil sie sich beweisen wollen.

„Die jungen Menschen von heute werden bis zu ihrem 70. Lebensjahr in Berufen stehen, die von Technik und Kommunikation bestimmt werden. Gleichzeitig wird die Zahl der Erwerbstätigen bis zum Jahr 2020 allein in der heimischen Region um 17 Prozent sinken“, so die Prognose der Dozentin, die Frauen in technischen und wissenschaftlichen Berufen als ein Zukunftsmodell bezeichnet. Um qualifizierte Frauen zu gewinnen, muss die Vereinbarkeit von

Beruf und Familie gegeben sein, betonte Röhm. „Wir von Studium Plus haben bereits an 112 Schulen geworben, um weiblichen Oberschülern die Angst vor der Technik zu nehmen. Tatsache ist aber auch, dass Frauen bei gleicher Qualifikation schlechtere Startchancen haben“, so die Professorin.

„Viele Unternehmen haben sich im Rahmen des Bündnisses 'Mehr Frauen in Führungspositionen' gleichzeitig auf den Weg gemacht, sind aber nur unterschiedlich weit gekommen“, informierte Helga Lukoschat (EAF Berlin) über den Stand der Aktion. „Je kleiner die Unternehmen, desto mehr Frauen sind in Führungspositionen. Bei Banken, Versicherungen und im Gesundheitsbereich sind es über 50 Prozent, während die Quote im Metallbereich bei 14 Prozent stagniert. „Auch was die Chancengleichheit in der Vergütung betrifft, gibt es noch immer deutliche Unterschiede“, so die Erfahrung der Expertin.

Unterschiede bei der Vergütung

Abschließend trafen sich die Vertreterinnen der beteiligten Unternehmen im Lahn-Dill-Kreis zu einem „Runden Tisch“, um über die Entwicklungen und betriebsspezifischen Vereinbarungen zu berichten. „Wir sind auf einem guten Weg“ meinte Sabine Götz für die Sparkasse Wetzlar. Bei den rund 600 Mitarbeitern habe man einen Frauenanteil von 60 Prozent, davon 28 Prozent in Führungspositionen. Sie könnte sich gut vorstellen, dass bei entsprechender Qualifikation auch der derzeit vakante Vorstandsposten von einer Frau besetzt werden könnte. „Die Angst, dass Frauen ausfallen können, müssen wir aufbrechen“, erklärte Maja Heimerl. In ihrer Firma (Spedition Transland) würden 33 Prozent Frauen eine Führungsposition besetzen.

Bei der Friedhelm Loh Group mit weltweit über 12 000 Mitarbeitern liegt die Quote der Frauen bei 19 Prozent, davon acht Prozent in Führungspositionen. „Wir wollen die Basis deutlich ver-breitern“, so Heike Bingmann. „Um unsere Angebote auch für Frauen attraktiv zu gestalten, haben wir im Rahmen von Familie und Beruf eine Vielzahl von Modellen für mehr Arbeitszeit-Flexibilität eingeführt.“

Wetzlarer Neue Zeitung vom Montag, 2. Dezember 2013, Seite 9

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