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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

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Wo wird Wind zu Strom?

Mögliche Windkraft-Flächen im Lahn-Dill-Kreis bergen Konflikte

Wetzlar. Die möglichen Windkraft-Gebiete im Lahn-Dill-Kreis sind zwar gleichmäßig über das gesamte Gebiet verteilt – die meisten bergen aber Konfliktpotenzial. Das zeigt der Werkstattbericht, den das Regierungspräsidium (RP) Mittelhessen am Mittwoch Bürgermeistern und Vertretern der Kommunen im Kreishaus in Wetzlar vorstellte.

Insgesamt will das Land Hessen zwei Prozent der Gesamtfläche als Vorranggebiete für Windräder ausweisen. Zum Vergleich: Bisher waren in Mittelhessen nur 0,51 Prozent der Fläche für Windräder vorgesehen. "Das ist eine große Herausforderung", sagte Ivo Gerhards, stellvertretender Dezernatsleiter Regionalplanung, bei der Präsentation des Werkstattberichts am Mittwoch. Parallel zu den Infoveranstaltungen in Marburg-Biedenkopf, im Lahn-Dill-Kreis, in Gießen und Limburg-Weilburg würden die Naturschutzverbände angeschrieben.

Gerhards: „Sind noch mitten in der Planung, es ist noch nichts entschieden“

Ziel sei, der Regionalversammlung Mitte November einen Entwurf vorzulegen. Dann soll zwei Monate Zeit sein, um die Bedenken der Bürger und Träger öffentlicher Belange zu hören. Der neue Regionalplan soll im Frühjahr 2013 verabschiedet werden können. "Derzeit sind wird aber noch mitten in der Planungsphase, es ist noch nichts entschieden. Es kann auch sein, dass wir neue Anregungen bekommen und noch über andere Gebiete nachdenken", betonte er.

Im Lahn-Dill-Kreis sei der Anteil möglicher Windkraft-Gebiete in Mittelhessen mit 4,1 Prozent der Fläche am größten – zum Vergleich: Der Wert im Landkreis Gießen beträgt 2,5 Prozent, in Marburg-Biedenkopf 3,7 Prozent, im Vogelsbergkreis 3,3 Prozent, in Limburg-Weilburg 3,5 Prozent.

Dabei sollen die Anlagen auf Windparks mit mindestens drei Anlagen konzentriert werden. Der Mindestabstand zu Siedlungen betrage 1000 Meter. "Da einige Gebiete an Gemeindegrenzen liegen, ist es unumgänglich, mit den Nachbargemeinden zusammenzuarbeiten", erklärte Gerhards.

Nicht alle Wünsche der Kommunen, die die vorläufigen Pläne Ende August zugeschickt bekommen haben, hätten berücksichtigt werden können. Warum? Der Wind muss auf den Flächen mit einer Geschwindigkeit von 5,75 Meter pro Sekunde wehen und die Fläche mindestens 15 Hektar groß sein, so Gerhards. Damit fallen zum Beispiel die von Götz Konrad (parteilos), Bürgermeister von Eschenburg, vorgeschlagenen Gebiete "Galgenberg" und "Mausköpfchen" aus dem Plan raus. Sie sind zu klein. "Wir wollen aber daran festhalten", so Konrad. Die Gemeinde sei gerade dabei, mit anderen Kommunen eine regionale Energieerzeugergesellschaft zu bilden. Im Bereich seiner Gemeinde sollen vier Gebiete mit einem regionalen Partner "ergebnisoffen" untersucht, die Ergebnisse in einer Bürgerversammlung vorgestellt werden.

"Allen Beteiligten wird man es nicht Recht machen können", erklärte Gerhards bei der Präsentation. So erreiche man allein mit den Flächen, die aus Naturschutzsicht keine Konflikte aufweisen, nicht das gesetzte Zwei-Prozent-Ziel der Flächen. Deshalb seien in weiteren Arbeitsschritten mögliche Flächen ermittelt worden, die aber auch Konflikte mit dem Naturschutz – in Bereichen, in denen vor allem Vögel und Fledermäuse beheimatet sind – sowie der Flugsicherheit bergen könnten.

Mit dem Thema Platzrunden und Sicherheitsabstand zum Siegerlandflughafen und dem Flugplatz Breitscheid setzt sich auch Roland Lay (parteilos), Bürgermeister in Breitscheid, auseinander. "Wir sind in Zeitnot, wir wollen vorankommen", so Lay. Deshalb überlege man in Breitscheid, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das die Empfehlung der Deutschen Flugsicherheit überprüfen soll.

Wie die interkommunale Zusammenarbeit – auch mit Nachbarbundesländern – aussehen soll, wollte am Mittwoch auch Gerhard Zoubek (SPD), Bürgermeister in Haiger, wissen. "Wir müssen das Thema auch grenzübergreifend sehen, wir dürfen uns gegenseitig nicht im Weg stehen", so Zoubek. Deshalb bräuchten die Kommunen die Unterstützung des RP, damit die Ideen diesseits und jenseits der Landesgrenzen verwirklicht werden könnten, so der Haigerer.

Man habe die betroffenen Kreise in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz angeschrieben, die Planungen seien bekannt, es spreche aber nichts dagegen, dass die Kommunen selbst den Kontakt zu den Nachbarn suchten, so Gerhards. Er lud die Vertreter der Kommunen im Anschluss zu Einzelgesprächen ein.

Mit zwei Poten-zialflächen – Eisenkopf und Königstuhl – ist auch Lahnau im Plan berücksichtigt, erklärte Bürgermeister Eckhard Schultz (SPD). "Unsere vorgeschlagenen Gebiete wurden im Plan des RP größer", so Schultz. Dabei sei ein Investor für den Eisenkopf vor drei Monaten bereits abgesprungen, da es sich für ihn dort nicht gelohnt habe. Wie es weitergeht, wollte Schultz am MIttwoch von den Experten des RPs wissen.

Die Konflikte auf der Hand liegen in den möglichen Windkraft-Gebieten in Solms. Der Bereich "Bieler Burg" sei zum Beispiel vollständig im Wald, ein Gebiet mit starkem Fledermausvorkommen, erklärt Bürgermeister Frank Inderthal (SPD). Er verweist jedoch darauf, dass es sich bei dem Plan um einen vorläufigen handle, der noch verändert werden könne. Inderthal will die Solmser Bürger beim Thema Windkraft mitnehmen, ihm schwebt eine öffentliche Informationsveranstaltung vor.

"Auch Braunfels will seinen Beitrag leisten, aber die Chancen sind meiner Meinung nach nicht besonders hoch", sagt Bürgermeister Wolfgang Keller (parteilos) und verweist unter anderem auf Schwarzstorch- und Fledermausvorkommen. Vielleicht könne man hier mit Waldsolms und Schöffengrund eine gemeinsame Lösung finden, so der Bürgermeister. "Aber derzeit kann man noch nichts Konkretes sagen, es ist noch alles im Fluss", sagt Keller. Bürgermeister Hans-Peter Stock (FWG) aus Schöffengrund stimmt zu.


Quelle: mittelhessen.de

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