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Abgeordnete hören Einwände von Schulen und Verein

Schulleiter, Elternvertreter und Ehrenamtliche kritisieren Schließungspläne des Kreises

VON MARTIN H. HELLER
Wetzlar. Erstmals haben am Dienstag Abgeordnete des Kreistags des Lahn-Dill-Kreises diejenigen gemeinsam angehört, die von den vorgesehenen Einschnitten durch den Rettungsschirm besonders betroffen wären.

Dafür hatten sich die Mitglieder des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie fast vier Stunden Zeit genommen. Neue Erkenntnisse brachte die Sitzung indes nicht.

Ungewöhnlich gut besucht war die Sitzung im großen Saal des Kreishauses am Wetzlarer Karl-Kellner-Ring. Ausschussvorsitzender Gunter Ratz (SPD) hatte zu der Sitzung einen Vertreter des Fördervereins für das kreiseigene Jugendzeltlager Lenste sowie die Leiterinnen und Leiter der Schulen eingeladen, die auf der Streichliste des Kreisausschusses stehen oder aber Schüler aus jenen Schulen aufnehmen sollen. Selbstverständlich waren zu deren Unterstützung viele weitere Elternvertreter und Lehrer mit zu der öffentlichen Sitzung gekommen.

In je zehnminütigen Redebeiträgen stellten sie ihre Position dar und standen für Nachfragen der Ausschussmitglieder zur Verfügung.

Die Schulleiterinnen Charlotte Patzak (Grundschule Atzbach), Carmen van Elkan (Ludwig-Erk-Schule, Wetzlar), Sibylle Holighaus-Sauer (Schule am Brunnen, Dillenburg-Frohnhausen), die Schulleiter Heiko Bickel (Goldbachschule, Dillenburg-Frohnhausen), Dietmar Hermann (Scheldetalschule, Schelderwaldschule, Dillenburg) und Paul Alhäuser von den Gewerblichen Schulen in Dillenburg machten deutlich, dass die Pläne des Kreises kurzfristig schwierig zu verwirklichen sein werden.

Dreh- und Angelpunkt waren zumeist die Raumsituation derjenigen Schulen, die die Schüler der zu schließenden Schulen aufnehmen sollen. Sowohl in Waldgirmes, wo die Atzbacher Grundschüler weiterhin unterrichtet werden sollen, als auch an der Goldbachschule in Frohnhausen sind momentan nicht ausreichend viele Räume vorhanden. Das Gebäudekarussell zwischen Scheldetalschule, Gewerblichen Schulen und Lahn-Dill-Akademie in Dillenburg erweise sich zudem als technisch wie ablauftechnisch nicht praktikabel. Vertreter des Schulelternbeirats aus Niederscheld äußerten zudem die Befürchtung, dass durch die Schließung des Grundschulstandorts Niederscheld berufstätige Mütter gezwungen würden, ihre Arbeit aufzugeben.

Schülerzahlen sinken weiter

Immer wieder wiesen Schuldezernent Roland Wegricht, der Erste Kreisbeigeordnete Heinz Schreiber und Landrat Wolfgang Schuster darauf hin, dass die Schließungspläne langfristig angelegt und vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu sehen seien. Schuster legte zudem Zahlen vor, die den prognostizierten und zuweilen dramatischen Rückgang der Schülerzahlen an den verschiedenen Standorten bis zum Jahr 2030 zeigen sollten.

CDU-Fraktionschef Hans-Jürgen Irmer forderte wiederholt, bei den Kosten korrekte Zahlen zu präsentieren, damit Vor- und Nachteile gegenübergestellt werden könnten. Darüber, was der Ausbau der übernehmenden Schulen und auch der Bustransport der Grundschüler wie etwa aus Atzbach und Niederscheld an andere Standorte langfristig kosten werden, gab es aber keine konkreten Angaben.

Irmer, der sich eigens wegen der Sitzung in Wetzlar am Dienstag im Landtag hatte entschuldigen lassen, verlangte auch, dass nicht nur die Schulleiter, sondern auch andere Beteiligte im Ausschuss reden dürfen sollten. Vorsitzender Ratz lehnte das mit Blick auf die Zeit ab.

Nicht nur Schulleiter, auch Elternvertreter, denen der Ausschuss dann doch Rederecht einräumte, wiesen auf die Folgen für die Schulgemeinschaften hin. Abgesehen davon, dass es im Falle der Ludwig-Erk-Schule und der Schule im Amthof in Atzbach Versprechungen gegeben habe, gefährdeten die Schließungspläne auch die bisherigen pädagogischen Errungenschaften, hieß es. Das beklagte auch CDU-Ausschussmitglied Reinhard Klier, der einst selbst Schulleiter war: Die Pädagogik wird mit Füßen getreten, sagte er.

Dass nicht nur die Pädagogik mit Füßen getreten werde, sondern auch das Ehrenamt als „Herz-Lungen-Maschine“ sozialer Angebote, kritisierte Bruno Muskat vom Förderverein für das Jugendzeltlager Lenste, das der Kreis ebenfalls schließen möchte. Mit bebender Stimme rief Muskat die Kreistagsabgeordneten dazu auf, sich gegen die Schließung auszusprechen und eine Lösung mit einem Trägerverein zu suchen. Lenste ermögliche unter anderem vielen Kindern aus sozial schwachen Familien einen abenteurreichen Urlaub. Er wies auch auf die Belegungszahlen hin, die gehalten worden seien. Und neue Konzepte, die unter anderem auf Komplett-Angebote für Vereine und Gruppen zielten, seien da, müssten aber zunächst einmal wirken, sagte Jürgen Ambrosius, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses des Kreises.

SPD-Kreistagsabgeordnete Regina Beimborn wies darauf hin, dass es auch weiterhin Angebote für Jugendliche geben werde, möglicherweise aber nicht in einem kreiseigenen Lager in Lenste. Schließlich sei nicht vertretbar, etwa 200 000 Euro für die Sozialarbeit an Schulen zu streichen, um Lenste zu erhalten. Auch im Jugendhilfeausschuss sei das Votum nicht eindeutig gewesen, berichtete sie.

Die Diskussion um die Streichliste des Kreises geht am Montag im Kreistag weiter, der ab 9 Uhr im Kreishaus tagt.

Wetzlarer Neue Zeitung vom Donnerstag, 31. Januar 2013

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