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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

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Der Plan bestimmt die Energie

In Marburg fällt Entscheidung über alle Standorte in fünf Landkreisen

Marburg-Biedenkopf/Gießen. Wo dürfen Windräder stehen? Wo macht ein Solarpark Sinn? Wo gibt es genug Biomasse für ein Kraftwerk? Und wo kann man mit Wasser Strom erzeugen? Die Antwort "hier in Mittelhessen" ist schon mal richtig. Und wie geht's dann weiter?

Wie kann eine Region mit fünf Landkreisen und gut einer Million Einwohnern ihr Potenzial für Erneuerbare Energien ausschöpfen und dabei Menschen, Natur und Klimaschutzziele unter einen Hut bringen?

Ein Instrument dazu ist der neue "Teilregionalplan Energie Mittelhessen", der am Dienstag, 18. Dezember, im Marburger Kreishaus beschlossen wird. Ganze 61 Seiten dick ist allein die Vorlage, über die die Regionalversammlung abstimmt, ohne Vorwort und Anhang. Dazu gibt es noch Karten, Berichte und Grundsatzpiere mit Hunderten von Seiten.

Wir haben beim Regierungspräsidium (RP) in Gießen nachgefragt, wie der Plan zustande kam und was er bedeutet. Nach der Sitzung der Regionalversammlung am Dienstag drucken wir dann das beschlossene Resultat ab.

Was steht im neuen Teilregionalplan Energie Mittelhessen?

Der Plan definiert die Energieziele für die Region. Darin sind die Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie, die Vorbehaltsgebieten für Photovoltaikanlagen auf Freiflächen ausgewiesen. Außerdem auch Suchräume für Biogasanlagen und Vorzugsräume für Ackerfrüchte und so genannte "Kurzumtriebsplantagen" zur energetischen Nutzung.

Warum wurde der Teilplan Energie überhaupt aufgestellt? Reicht der große Regionalplan nicht aus? Der ist ja noch keine zwei Jahre in Kraft.

Im Regionalplan steht das Ziel, dass in Mittelhessen bis 2020 ein Drittel seiner Energie (ohne Verkehr) aus (möglichst regionalen) regenerativen Quellen stammen soll, langfristig soll das für 100 Prozent der Energie gelten. Um das zu erreichen, sollte ein separates regionales Energiekonzept erstellt werden. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 hat die Energiewende in Deutschland deutlich an Dynamik gewonnen. Diese Entwicklung hat die Regionalversammlung dazu veranlasst, dem Regierungspräsidium am 1. November 2011 den Auftrag für den Teilplan Energie gegeben. Der Plan soll den regionalen Ausbau der erneuerbaren Energien verbessern.

Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof am im Mai 2012 die bisherigen Vorranggebiete für Windenergie für unwirksam erklärt. Deshalb wird ebenfalls der neue Plan gebraucht.

Wer hat den Plan ausgearbeitet?

Die Obere Landesplanungsbehörde beim RP Gießen zusammen mit Mitarbeitern der Dezernate für Immission-, Arten- und Naturschutz sowie Experten aus Landwirtschafts- und. Forstdezernaten. Sie alle arbeiten den Plan seit etwa einem Jahr aus. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Letzte Änderungen sind bis zum Dienstag noch denkbar.

Haben auch die Kommunen mitgewirkt?

Um einen möglichst transparenten und nachvollziehbaren Planungsprozess zu gewährleisten hat das RP Gießen unmittelbar im November 2011 alle mittelhessischen Kommunen angeschrieben und sie darum gebeten, Planungswünsche und Anregungen mitzuteilen. Aus diesen Rückmeldungen wurde ein erster Plan entwickelt, in den auch ständig aktuelle einbezogen wurden. Diesen Entwurf hat das RP im September 2012 als eine Art Werkstattbericht den Kommunen und auch den Naturschutzverbänden vorgestellt und mit ihnen darüber diskutiert.

Umweltverbände waren also schon beteiligt. Bürgerinitiativen auch?

Mit Naturschutzvereinigungen haben zwei Besprechungen Ende Juni und Anfang November stattgefunden. Bürgerinitiativen wurden bisher nicht aktiv am Planungsprozess beteiligt Sie haben aber teilweise schriftliche Hinweise gegeben.

Wann und wie können sie noch Einfluss nehmen?

Im Rahmen der Offenlegung haben Kommunen, Verbände, Bürger und Behörden die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben. Die Bürger können außerdem auch über die gewählten Organe vor Ort Einfluss nehmen. Das setzt eine gute und umfassende Informationspolitik der örtlichen Gremien voraus.

Wie wirkt sich der Plan auf geplante oder gerade im Bau befindliche Projekte, zum Beispiel Windparks, in Mittelhessen aus? Liegen alle in Gebieten, die auch als Vorrangflächen durchgehen oder müssen welche durch den Plan auf Eis gelegt werden?

Die meisten Projekte liegen in den Vorranggebieten. Aber letztlich ist immer entscheidend, wann ein Projekt genehmigungsfähig ist. Im Augenblick ist der Planentwurf noch nicht rechtsverbindlich. Er entfaltet seine Wirkung frühestens im zweiten Quartal 2013. Solange gilt noch der alte Regionalplan.

Wie geht es nach dem Beschluss in Marburg weiter?

Am 18. Dezember beschließt die Regionalversammlung Mittelhessen die zweimonatige Offenlage des Teilregionalplans Energie. Am 21. Januar 2013 beginnt die Offenlage - bei den Kommunen und Kreisen, beim Regierungspräsidium und über das Internet.

Danach werden die Stellungnahmen ausgewertet, es wird entscheiden, was geändert werden soll und ob dann noch eine zweite Offenlegung gebraucht wird. Das hängt von Art und Umfang der Änderungen ab. Wenn nicht, geht die Vorlage die Landesregierung, die den neuen Teilregionalplans Energie genehmigt

Kann es in der Offenlegung noch ganz gravierende Änderungen geben? Können zum Beispiel ganze Vorrangflächen für Windparks wieder gestrichen werden, wenn Bürgerinitiativen begründete Einwände haben? Oder hat das RP alle möglichen Einwände von vorne herein eingearbeitet?

Natürlich ist es noch möglich, Aspekte einzubringen, die das RP noch nicht kennt. Grundsätzlich sind auch noch neue Flächen denkbar, die nicht im Planentwurf standen und neu dazukommen - dafür ist ein solches Verfahren der Bürger- und Behördenbeteiligung ja da.

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