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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

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„Die Zitrone ist ausgepresst“

Immer mehr Kliniken schreiben rote Zahlen

VON WERNER VOLKMAR

Wetzlar/Berlin. „Die Zitrone ist ausgepresst. Viele Kliniken können ihrem Auftrag der staatlichen Daseinsvorsorge nur noch im begrenzten Umfang nachkommen, weil sie rote Zahlen schreiben.“ Das hat Lahn-Dill-Landrat Wolfgang Schuster nach eigenen Angaben am Dienstag beim Protestgipfel der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Berlin gesagt. An diesem nahmen Vertreter von 2045 Kliniken teil.

Wolfgang Schuster vertrat das Bundesland Hessen. Er ist Vorsitzender der Gesellschafterversammlung sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Lahn-Dill-Kliniken. Gemeinsam mit deren Geschäftsführer Richard Kreutzer stellte er gestern in einem Pressegespräch die zentralen Aussagen vor. 

„Diese Entwicklung hinterlässt auch an den heimischen Lahn-Dill-Kliniken Spuren, obwohl die Einrichtung mit den Standorten in Wetzlar, Braunfels und Dillenburg auch im letzten Jahr bei rund 155 Millionen Euro Umsatz noch eine schwarze Null schreibt“, so Geschäftsführer Richard Kreutzer, der mit dem Landrat in Berlin weilte und die kritische Lage der Krankenhäuser aus erster Hand erfahren hat. Danach schreiben rund 50 Prozent der Einrichtungen rote Zahlen, obwohl sie Jahr für Jahr ihre Kosten- und Leitungsstrukturen optimieren und regionale Kooperationen ausbauen. „Eine gefährliche Schieflage, die letztlich zu Lasten der Patienten und Beschäftigten geht“, weiß Kreutzer.

„Wir wollen von der Politik keine Almosen, sondern eine faire Klinikfinanzierung“, so der Landrat. Und er bringt es auf den Punkt, als er bei dem Pressegespräch im Wetzlarer Klinikum die unzureichende Vergütungsregelung über die „Fallpauschale“ kritisierte. So seinen allein die Tariflöhne seit 2006 um knapp 16 Prozent gestiegen, die Vergütungen für Klinikleistungen aber nur um 8,7 Prozent angehoben worden. Hinzu kämen bereits abverlangte gesetzliche Preiskürzungen von rund einer Milliarde Euro in den beiden vergangenen Jahren. Sie wurden als Beitrag zur Sanierung der Finanzen der Krankenkassen einbehalten, die heute über rund 30 Milliarden Reserven verfügen.

„Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass unsere Beschäftigten diese Tariferhöhungen selbstverständlich verdienen. Denn schließlich steigen die Lebenshaltungskosten stetig an. Auch in unserem Haus gilt ,gerechter Lohn für gerechte Arbeit’“, so Kreutzer. Er und Schuster verweisen zugleich darauf, dass der Personalkostenanteil am Gesamtbudget der Lahn-Dill-Kliniken bei 70 Prozent liegt.

„Ja, unsere über 2000 Mitarbeiter gehen in vielen Breichen auf dem Zahnfleisch“, erklärte die Betriebsratsvorsitzende Claudia Becker auf Nachfrage und ergänzte: „Sie wollen gute Arbeit machen, wissen aber angesichts der hohen Belastung nicht wie. Sie stoßen an ihre Leistungsgrenzen, die Folgen sind erschöpfungsbedingte Krankmeldungen oder die Abwanderung in verwandte Berufe“.

Finanzmangel und in Zukunft fehlende Fachkräfte

Hierzu die Geschäftsführung: „Wir haben alle Planstellen besetzt. Und wir werden kein Personal abbauen. Aber die derzeitige Finanzlage lässt es auch nicht zu, dass wir den Stellenplan, obwohl dringend notwendig, ausbauen können. Auch die Sorge, dass wir auf Grund der demoskopischen Entwicklung in der Zukunft alle Stellen besetzen und die Pflege sichern können, ist berechtigt.“

Obwohl die Zahl der stationär behandelten Patienten in den vergangenen acht Jahren um rund 18 Prozent auf rund 40 000 im Jahr 2012 gestiegen ist und der Schweregrad der Erkrankungen um zirka 24 Prozent zugenommen hat, konnte die Zahl der Pflegestellen im gleichen Zeitraum aufgrund der fehlenden Finanzierung nur um 13 Prozent angepasst werden. Im Gegensatz zu anderen Krankenhäusern haben die Lahn-Dill-Kliniken in den vergangenen Jahren kein Personal abgebaut, sondern zusätzliches eingestellt.

In diesem Zusammenhang verweist der Medizinische Direktor Dr. Norbert Köneke auf die Zunahme der Krebserkrankungen und deren Behandlung in den Zentren des Wetzlarer Klinikums. „Rund 15 Prozent unserer Patienten sind an Krebs erkrankt und benötigen eine sehr intensive Pflege und Betreuung. Und mit den längeren Lebenserwartungen wird der Anteil weiter steigen. Schon heute haben über 60 Prozent unserer Patienten das 70. Lebensjahr überschritten. Und bei der Hälfte der stationär behandelten Personen wurden durch Demenz veränderte Wesenszüge festgestellt“, erklärte Köneke.

Abschließend betonte der Landrat: „Es ist unser Ziel, den Menschen in der Lahn-Dill-Region dauerhaft eine hochwertige medizinische Versorgung in vertrauter Umgebung anbieten zu können. Dafür benötigen wir aber eine faire Krankenhausfinanzierung durch die Kassen. Denn der Lahn-Dill-Kreis ist nicht in der Lage, den Erhalt der Lahn-Dill-Kliniken zu finanzieren“.

Wetzlarer Neue Zeitung vom Freitag, 22. Februar 2013, Seite 17

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