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Digitalfunk: Staatsanwalt ermittelt

Polizei holt Akten ab / Anfangsverdacht der Untreue Polizei holt Akten ab / Anfangsverdacht der Untreue

Dillenburg/Haiger/ Herborn/Wetzlar. Die Polizei hat am Dienstag Akten in der Kreisverwaltung in Wetzlar abgeholt, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Es geht um die Abrechnung der Digitalfunk-Kurse für Feuerwehrleute.

 

Der Kreis erhielt für die Kurse Geld von der Landesfeuerwehrschule in Kassel, darunter insgesamt 17 600 Euro als Verpflegungsgeld für rund 2500 teilnehmende Feuerwehrleute aus dem Lahn-Dill-Kreis. Allerdings wollte

Kreisbrandinspektor Rupert Heege diesen Betrag zunächst nicht an die Wehrleute auszahlen. Er wollte es für einen anderen Zweck verwenden und damit die Digitalfunk-Ausbilder bezahlen. Er war nach eigenen Angaben zunächst davon ausgegangen, dass ein weiterer Betrag der Landesfeuerwehrschule für die Ausbilder nicht ausreiche, um deren Kosten zu decken. Zuletzt hatte der Kreisbrandinspektor jedoch in einer Sitzung vor Kreistagsabgeordneten Fehler eingeräumt und gesagt: „Wir haben unsere Grundkalkulation nicht kontrolliert.“

Nachdem diese Zeitung über den Vorfall berichtete, leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein. Der Wetzlarer Oberstaatsanwalt Uwe Braun bestätigte dies am Mittwoch. Auf Anfrage erklärte er: „Es steht im Raum, dass Mittel der Landesfeuerwehrschule für die Digitalfunkschulungen zweckwidrig verwendet wurden.“ Der Anfangsverdacht der Untreue richte sich nicht gegen eine bestimmte Person.

Landrat schaltete Revision ein. Innenminister antwortet nicht auf offene Fragen

Erst das Ermittlungsverfahren soll klären, ob es ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt ist und wer verantwortlich ist. Braun stellte zudem klar: „Es steht nicht im Raum, dass sich jemand persönlich bereichern wollte.“ Das wäre nicht Untreue , sondern Betrug.

Staatsanwalt Braun rückte am Dienstag gemeinsam mit Polizeibeamten in der Kreisverwaltung am Wetzlarer Karl-Kellner-Ring an. Sie nahmen Akten zu den Digitalfunk-Kursen mit. „Wir haben die Unterlagen beigezogen“, sagte Braun. „Beigezogen“ heißt: Die Akten mussten nicht beschlagnahmt werden, die Verwaltung händigte sie freiwillig aus. Allerdings konnten die Beamten nur einen Teil der Akten mitnehmen. Der Großteil sei bereits in der Abteilung Revision der Kreisverwaltung. Landrat Wolfgang Schuster (SPD) habe die kreiseigene Abteilung bereits mit der Untersuchung beauftragt. Sie prüft ebenfalls die Abrechnung der Kurse.

Laut Braun arbeitet die Staatsanwaltschaft deshalb bei der weiteren Ermittlung mit der Revisionsabteilung zusammen. „Deren Ergebnisse sind auch Grundlage für unsere weiteren Entscheidungen.“

Offen ist noch die Frage, ob der Kreis die Digitalfunk-Kurse gegenüber der Landesfeuerwehrschule korrekt abgerechnet hat. Anders als vom Land Hessen vorgegeben, hatte der Lahn-Dill-Kreis 40 Teilnehmer pro Kurs ausgebildet und nicht 20. Die Abrechnungsbögen der Landesfeuerwehrschule sahen aber nur einen Vordruck für 20 Namen vor. Hat der Kreis die restlichen 20 Teilnehmer auf einen weiteren Abrechnungsbogen übertragen und auf diese Weise für einen Kurs (das Tagegeld für die Ausbilder) doppelt kassiert? Andernfalls: Wie wurde gegenüber der Landesfeuerwehrschule abgerechnet?
Diese Zeitung hatte vor zweieinhalb Monaten beim hessischen Innenministerium nachgefragt. Daraufhin hatte ein Ministeriumssprecher mitgeteilt: Die Landesfeuerwehrschule prüfe. In dieser Woche gab es eine erneute Nachfrage in Wiesbaden. Eine Antwort gab es bislang nicht.
Übrigens: Das Verpflegungsgeld von 6,14 Euro pro Teilnehmer ist inzwischen laut Kreisverwaltung an die Städte und Gemeinden im Lahn-Dill-Kreis weitergeleitet worden. Sie können es ihren Feuerwehrleuten auszahlen.
Dill-Zeitung vom Donnerstag, 3. Juli 2014, Seite 17

Standpunkt

Digitalfunk und Brandschutz
Das Feindbild Kreisbrandinspektor

Kreisbrandinspektor Rupert Heege hat Fehler bei der Abrechnung der Digitalfunk-Kurse gemacht. Er hat sich mindestens total verrechnet. Sehr peinlich.

Ob er deshalb Steuergelder absichtlich umgeschichtet und innerhalb seiner Abteilung für andere Zwecke verwendet hat, prüft jetzt die Staatsanwaltschaft. Es besteht der Verdacht der Untreue. Dass die Staatsanwaltschaft am Ende der Ermittlungen feststellt, es liegt tatsächlich eine Straftat vor, ist aber eher unwahrscheinlich.

Was wird bleiben?

Der Eindruck, dass der Verwaltung genau auf die Finger geschaut wird, was sie mit Steuergeld macht. Gut so. Das ist Aufgabe der Justiz, das ist Aufgabe der Medien, also auch dieser Zeitung, und Aufgabe eines Parlaments, also der Kreistagsabgeordneten. Besser: Es sollte Aufgabe der Kreispolitiker sein. Bislang hat nur CDU-Fraktionschef Hans-Jürgen Irmer gezeigt, dass er bei diesem Thema nachhakt. Er will nachforschen, wie die Digitalfunk-Kurse in anderen hessischen Landkreisen gehandhabt wurden.

Aber schon in seiner eigenen Fraktion ebbte das Interesse ab, als Heege Mitte Mai in einem Kreistags-Ausschuss zu erklären versuchte, warum das Geld zunächst anders verwendet wurde und wie er sich verrechnet habe. Es war ein konfuser Vortrag. Die Kreistagsmitglieder quittierten ihn mit verständnislosen, fragenden Blicken. Bloß: Niemand fragte nach, sie gaben sich mit den Auskünften zufrieden.

Vielleicht wollen manche Politiker auch gar nicht mehr wissen. Vielleicht genügt ihnen die Information, dass Heege einen Fehler gemacht hat. Und wie groß der Fehler ist, bliebe künftig der Interpretation der Politiker und der halb aufgeklärten Bürger überlassen.

Der Kreisbrandinspektor ist zurzeit das Kanonenfutter der Opposition. Wenn die CDU die Kreisregierung von SPD, FWG und Grünen attackieren will, greift sie häufig die Brandschutzabteilung des Kreises an. Ein vermeintlich leichtes Opfer, und Heege liefert das Gesicht für den Bürger-Unmut. Vereine, Unternehmen, Häuslebauer im Lahn-Dill-Kreis – jeder kann eine Erfahrung beitragen, wie er strenge Brandschutz-Auflagen erfüllen musste und so vermeintlich von einer Behörde gegängelt wurde.

Aber warum macht das die Brandschutzabteilung? Sie macht es, weil sie sich hier an die Gesetze hält. An die strengen Vorgaben, die das CDU-regierte Land Hessen in seinen Bauvorschriften hat. Gut so. Wo es um Menschenleben geht, ist Konsequenz gefragt. Kritik an dieser Konsequenz und die Umdeutung zu „Behördenwillkür“ sind politisches Schauspiel und fehl am Platz.

Kritik an der Brandschutzabteilung wäre gerechtfertigt, wenn die Behörde stattdessen diese Vorschriften nicht einhalten würde, wenn sie die Auflagen nicht einfordern würde, wenn deshalb Menschen gefährdet würden. Dann wären Justiz, Medien sowie Opposition im Parlament wiederum gefordert, der Verwaltung genau auf die Finger zu schauen.

Dill-Zeitung vom Donnerstag, 3. Juli 2014, Seite 17

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