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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster
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Hartz IV-Empfänger ehrlicher als ihr Ruf
Wetzlar/Dillenburg, 27. Mai 2010
Gleich einen ganzen Katalog an Fragen zum Thema Hartz IV wollte der Kreistag des Lahn-Dill-Kreises in der Sitzung vom 22. März 2010 beantwortet wissen. Etwa wie viele Eingliederungsvereinbarungen mit Arbeitslosen in den Jahren 2008/2009 geschlossen wurden und wie deren Einhaltung durch die Lahn-Dill-Arbeit überprüft werde.
Aber auch nach Beschwerden von Arbeitgebern wegen Scheinbewerbungen wurde gefragt und nach Verstößen gegen Meldepflichten und Mitwirkungspflichten und deren Sanktionen. Die gesetzlichen Bestimmungen würden nicht konsequent genug angewendet, trotz der hohen Zahl der Missbräuche. Dies habe der Bundesrechnungshof festgestellt, so der Abgeordnete Heiko Budde, CDU. Wer unverschuldet in Not gerate, habe Anspruch auf Solidarität dieses Staates, Missbrauch werde jedoch nicht geduldet, führte Fraktionsvorsitzender Jürgen Irmer (CDU) weiter aus, und begründete damit den Berichtsantrag seiner Fraktion. Kreisbeigeordneter Günther Kaufmann-Ohl hielt es demgegenüber für sinnvoller, intensive Hilfeleistungen anzubieten, statt Sanktionen zu verhängen, damit den Menschen aus ihrer Resignation herausgeholfen werde. Er verwehrte sich gegen eine generelle Diskreditierung, die von diesem Antrag ausginge.
Im Sozialausschuss kann Peter Dubowy, Geschäftsführer der Lahn-Dill-Arbeit GmbH, schließlich Entwarnung geben. Beim Kundenreaktionsmanagement der ARGE gebe es keine Erkenntnisse über Scheinbewerbungen und auch die Rückkoppelung mit Arbeitgebern habe hier bislang nur Einzelfälle hervorgebracht. Hier unterscheide sich das Bild in der Öffentlichkeit von dem tatsächlich erlebten, so Peter Dubowy. Auch die Sanktionsquote falle mit 2,5 % bezogen auf die große Zahl aller erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gering aus. Der Lahn-Dill-Kreis liege hier im hessischen Durchschnitt.
Dass es sehr wichtig sei, den Bereich der Sanktionen vom Sozialleistungsmissbrauch zu unterscheiden, erklärt Kreisbeigeordneter Günther Kaufmann-Ohl. Sanktionen müssten ausgesprochen werden, wenn gegen Mitwirkungspflichten verstoßen würde. Hier reiche es schon aus, wenn ein Termin verpasst würde. Der Missbrauch von Sozialleistungen werde nicht über Sanktionen abgewickelt, sondern gehöre in den Bereich der Ordnungswidrigkeiten bzw. Strafanzeigen. Dies waren im Jahr 2009 insgesamt 80.
Besonders stark von Sanktionen betroffen sei nach neuesten Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Personenkreis der unter 25-Jährigen.
Wenn sich ein Hartz-IV-Empfänger unter 25 aus welchen Gründen auch immer weigert, eine zumutbare Arbeit oder einen „Ein-Euro-Job aufzunehmen, muss er damit rechnen, dass ihm die gesamte Regelleistung für bis zu 3 Monaten gestrichen werde. Dann verbleibt ihm noch nicht einmal das Existenzminimum. Die Nebenfolgen wie Kleinkriminalität oder Verschuldung seien kaum abschätzbar, so die Autoren der Studie. Auch werde dieser Personenkreis sehr viel häufiger sanktioniert, was auf den höheren Betreuungsschlüssel und damit eine Aufmerksamkeit für diesen Personenkreis zurückzuführen sei. Die Sanktionsquote liege hier mit 10 % fast dreimal so hoch wie bei älteren Hartz-IV-Emfpängern. Viele Arbeitsvermittler und Fallmanager stellten sich die Frage, ob es sinnvoll sei, die Menschen auf diese Weise in den nächstbesten Job zu drängen, statt auf nachhaltige Integration und Qualifizierung zu setzen.
Die IAB-Studie kann nachgelesen werden im Internet unter http://doku.iab.de/kurzber/2010/kb1010.pdf.
Günther Kaufmann-Ohl
Fachbereichsleiter Soziales, Arbeit und Integration
Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises
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