Pressespiegel & Aktuelles
Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster
Beachten Sie bitte, dass dieser Artikel vor 3276 Tagen veröffentlicht wurde.
Herausforderungen annehmen – Chancen nutzen
Ein Beitrag von Landrat Wolfgang Schuster für die „Zeitgedanken“ der Dezember-Ausgabe des Magazins lahndillregio – Leben und Arbeiten in Mittelhessen.
Flüchtlinge und Demografie im Lahn-Dill-Kreis – wächst da etwas zusammen, was zusammen gehört?
Die größer werdende Zahl von Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, steht im Zusammenhang mit Ereignissen und Veränderungen in der Welt. Die Staatengemeinschaften haben viel zu lange weg geschaut. Wie geht es weiter in Syrien, Irak, Afghanistan und Afrika? Was passiert im Libanon und in der Türkei? Wir müssen mehr vor Ort helfen, sonst wird die Flüchtlingswelle uns weiter begleiten. Europa ist hier gefordert, die Flüchtlinge aufzunehmen und gerecht zu verteilen. Sonst schaffen wir das dauerhaft nicht!
Die letzten Monate waren für uns alle sehr belastend. Wir haben zwei Erstaufnahmeeinrichtungen für je 1000 Personen in Wetzlar und in Herborn errichtet. Einen Einsatzbefehl des Hessischen Innenministers für eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung erwarten wir Ende Januar 2016. Außerdem haben wir im Lahn-Dill-Kreis über 3000 Flüchtlinge in 170 Wohnungen aufgenommen. Zusätzlich haben wir 250 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vorübergehend ein neues Zuhause gegeben. Eine Kraftanstrengung, die wir nur dank der Unterstützung vieler Ehrenamtlicher bewältigen konnten. Danke!
Ich möchte an dieser Stelle auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die ständig an ihre Leistungsgrenze gehen mussten und müssen, um die Aufgaben zu bewältigen. Nicht selten haben hässliche Beschimpfungen, Beleidigungen und Drohungen unsere Arbeit begleitet.
Wir haben die Menschen nicht nur untergebracht und versorgt – wir haben den Flüchtlingen, die vermutlich ein Bleiberecht erhalten, auch Sprachkurse und Qualifizierungsmaßnahmen angeboten.
Im Lahn-Dill-Kreis leben derzeit 251.000 Menschen. Vor zehn Jahren waren es noch 260.000 Menschen. 5,5 % von unseren Bürgerinnen und Bürgern haben keinen deutschen Pass, 20 % jedoch einen Migrationshintergrund.
Im Jahre 2005 hatten wir im Lahn-Dill-Kreis rund 14.000 Arbeitslose (10,5 %), heute sind es etwa 8.000 (5,8 %). Dies ist ein Rückgang von 6.000 Menschen oder 43 %. Allein diese Zahlen beweisen, dass Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund nicht überwiegend auf Sozialleistungen angewiesen sind, sondern arbeiten, Steuern und Sozialabgaben bezahlen.
Die größte Herausforderung ist nicht die Flüchtlingssituation, sondern der demografische Wandel, der unausweichlich auf uns zukommen wird. Betrug die Altersklasse der 20- bis 65jährigen im Jahre 2000 noch 156.000 Menschen, so wird diese Gruppe in 15 Jahren um 30.000 Menschen geringer sein. Wir haben derzeit 90.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Also jeder 3. Arbeitsplatz sucht bald einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Diese Entwicklung kann unseren Wohlstand gefährden.
Wir brauchen langfristige Konzepte zur Eingliederung in die Arbeitswelt. Bei zunehmendem Arbeitskräftemangel können die vielen jungen Flüchtlinge dabei helfen, die Alterspyramide zu verbessern und freie Arbeitsplätze übernehmen. Wir brauchen ein Zuwanderungsgesetz, was die Fähigkeiten und Fertigkeiten von Menschen, die nach Deutschland wollen, mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes in einem geordneten Verfahren zusammen bringt.
„Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter“ (Johann Wolfgang von Goethe). Ich wünsche uns allen ein friedvolles Weihnachtsfest und ein gutes und erfolgreiches Jahr 2016.
Ihr
Wolfgang Schuster Landrat