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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

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50 Jahre die Zukunft mitgestaltet

TECHNIKERSCHULE Bei der vierten industriellen Revolution ein Wörtchen mitreden

Dillenburg (uju/s). Mit einem Festakt feierte die Fachschule für Technik den 50. Jahrestag ihres Bestehens. Die Festrede, die Norbert Müller, ehemaliger Geschäftsführer von Rittal und Vorstandsvorsitzender des „CompetenceCenter Duale Hochschulstudien Studium Plus“ (CCD), hielt, stand unter dem Motto „50 Jahre engagiert in der Zukunftsgestaltung unserer Region“.

Dabei ließ Müller die Geschichte der Schule und mit ihr die Entwicklung heimischer Unternehmen Revue passieren, wagte aber auch einen Blick in die Zukunft. Was im Bereich der so genannten „Vierten industriellen Revolution“ auf die Unternehmer und Arbeitnehmer zukomme, sei nicht nur Zukunftsmusik, sondern habe bereits in der Region Einzug gehalten. Ein Megathema seien die 3D-Drucker, sagte Müller. Diese technologische Neuerung berge ein enormes, geradezu revolutionäres Zukunftspotenzial. Aktuell eher in der additiven Fertigung eingesetzt, würden diese Geräte künftig vermehrt zum Fertigungszweck und -inhalt.

Auch durch den Einzug von Maschinen und Produkten mit kommunikativer Intelligenz werde es große Umwälzungen geben, prognostizierte Müller. Der Produktionsvorteil, den Deutschland im Rahmen des Zukunftsprojektes „Industrie 4.0“ erwarte, bedeute mit circa 30 Prozent einen Quantensprung in der Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings: „Besser werden wollen alle. Wir müssen schneller besser werden“, betonte Müller. Und: „Bis die Maschinen ihre Ersatzteile selbst ordern können, wird es noch eine Zeit brauchen.“

Heute schon könnten Maschinen sich ihren technischen Support selbstständig holen, auch über weite Strecken. Um den Zukunftserwartungen Rechnung tragen zu können, würden Menschen gebraucht, die sich auf diese Veränderungen einstellen könnten. Für eine gute Zukunftspositionierung müssten die Bereiche Elektrotechnik und Informatik noch stärker verzahnt werden. Deutschland sei derzeit gut aufgestellt und genieße auch in der Sparte Umwelttechnik einen guten Ruf. In der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie hätte sich der Exportumsatz von 5,1 Milliarden Euro im Jahr 2003 auf 9,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 nahezu verdoppelt.

Das Zitat von Antoine de Saint-Exupéry: „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen“, könne auch auf die industrielle Entwicklung angewendet werden. Da Deutschland weder über große Öl- oder Gasvorräte noch über seltene Erden verfüge, sei die größte Ressource für zukünftige Entwicklungen das Wissen, das sich durch Teilen vermehre. Dazu trage auch eine Ausbildung an der Fachschule für Technik bei. Müller rief Schulleitung und Lehrkräften dieser Schule zum Ende seiner Rede ein ermutigendes „Weiter so“ zu.

Einen eher zurückschauenden, dennoch spannenden Vortrag gewährte der bereits in der Gründungszeit der Schule tätige Studiendirektor a. D., Klaus Reinecker. Er stehe als letzter Bergschullehrer quasi als Fossil am Rednerpult, erklärte er. Als Lehrkraft der Bergschule, aus der die Fachschule für Technik hervorging, erlebte er sowohl die Hundertjahrfeier im Jahr 1958, als auch das Ende dieser Schulform. Doch bereits zu Zeiten der Jubiläumsfeier wäre die Krise vorauszusehen gewesen. Man habe nur noch auf Halde produziert. Günstigere Förderländer, wie damals beispielsweise Indien, hätten den deutschen Bergwerken schon längst den Rang abgelaufen.

Das Duo „Rehrmann (damaliger Landrat)/Beermann (Dillenburgs Bürgermeister) hätten maßgeblich geholfen, an Stelle der Bergschule eine adäquate Bildungseinrichtung zu etablieren.

Was die Technikerschule früher von ihren Absolventen verlangte, erklärte Reinecker sehr eindrucksvoll. Die Absolventen arbeiteten morgens bis um 13 Uhr in den Firmen der Region. „Volle Pulle, im Akkord“, verdeutlichte ihr ehemaliger Lehrer. Um 14 Uhr begann der Unterricht.

Von montags bis freitags bis 18 Uhr, samstags schlossen sich weitere sechs Stunden an, so dass die Schüler auf 26 Wochenstunden kamen – zusätzlich zur Akkordarbeit. „Die Menschen, die damals diese Entbehrungen auf sich nahmen, haben größtenteils echte Karriere gemacht“, sagte der frühere Studiendirektor. Die Absolventen der ersten Stunde seien zwischen 19 und 38 Jahre alt gewesen. Einer der Absolventen habe damals auf die Melodie „Mein Vater war ein Wandersmann“ ein „Techniker-Lied“ gedichtet, in dem es in einer Strophe hieß: „Wer später mal als alter Greis sein Leben überdenkt, der dann aus Überzeugung weiß, es wird einem nichts geschenkt.“

Arbeiten und lernen: Schüler haben immer viel Engagement gezeigt

Die Absolventen der Schule hätten stets seine Achtung gehabt. Besonders diejenigen, die die Möglichkeit nutzten, ihren Techniker in Teilzeit zu absolvieren. Diese Möglichkeit bietet die Fachschule für Technik bereits seit 25 Jahren an. Nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung arbeiten diese jungen Menschen im Beruf und drücken vier Jahre lang zeitgleich an zwei Abenden in der Woche und an Samstagen die Schulbank.
Ein Grußwort sprach Landrat Wolfgang Schuster. Er wies als leidenschaftlicher Verfechter des produzierenden Gewerbes auf dessen Bedeutung für die Region hin. Nur so entstehe Wertschöpfung, und nur durch diese Wertschöpfung könnte sich die Region Dienstleistungen leisten, betonte er.

Auch Landtagsabgeordneter Hans-Jürgen Irmer (CDU) sprach der Technikerschule seine Glückwünsche aus. „2500 Techniker haben diese Schule mit einer fundierten Ausbildung verlassen. Diese Menschen, die in der Lage sind, Praxis und Theorie zu verbinden, nötigen mir den größten Respekt ab“, sagte er. Er warnte vor einer Zentralisierung von Bildungseinrichtungen. Die Angebote würden vor Ort in der Region benötigt.

Harald Persch, vom Hessischen Kultusministerium, betonte die gute Kooperation zwischen Schule und Kammern. „Die Fachschule für Technik ist eine wichtige Quelle für Nachwuchsgewinnung auf der mittleren Führungsebene“, sagte er.
IHK-Vizepräsident Eberhard Flammer lobte die bedarfsgerechte, am Markt orientierte Ausbildung an der Bildungsstätte.

Elisabeth Fuhrländer, die stellvertretend für Dillenburgs Bürgermeister Michael Lotz anwesend war, bescheinigte der Schule, ein fester Bestandteil von Dillenburg zu sein. „Generationen haben Ihre Schule besucht und wurden hier auf ihre berufliche Zukunft vorbereitet“, sagte sie. Der Erfolg lasse sich auch daran ablesen, dass viele Ehemalige der Einladung zur Jubiläumsfeier gefolgt seien.

Der Leiter der Gewerblichen Schule, Paul Alhäuser, Manfred Schäfer (Abteilungsleiter der Fachschule für Technik und Elektrotechnik) und Burkhard Schneider (Abteilungsleiter Metalltechnik und Technikerschule) freuten sich, dass nahezu alle eingeladenen Gäste erschienen waren.

Neben Unternehmensführern wie Fritz Weg und Reinhard Bretthauer waren Ausbildungsverantwortliche großer Firmen anwesend, zum Beispiel Klaus Arhelger (Firma Cloos) und Tina Pfeiffer-Busch (Firma Rittal). Außerdem hatten sich ehemalige und aktuelle Lehrkräfte der Schule eingefunden. Sieben Techniker der ersten Stunde waren ebenso anwesend wie über 30 Absolventen der ersten Teilzeit-Technikerausbildung vor 25 Jahren und die aktuellen Jahrgänge.

Die vielen Grußworte und Vorträge wurden aufgelockert durch Melodien, die die Blechbläserformation „Nur Blech“ aus dem Raum Eschenburg zum Besten gab.

Dill-Zeitung vom Montag, 24. März 2014, Seite 9

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