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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

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Kreis unter dem Schutzschirm

Opposition kann Schulschließungen nicht verhindern

Wetzlar (hk). Nach rund fünfstündiger Sitzung im Kreistag seht fest: Der Lahn-Dill-Kreis begibt sich unter den Rettungsschirm des Landes Hessen. Die Koalition aus SPD, Grünen und FWG hat gestern dem dazugehörigen Vertragswerk zugestimmt. 43 Parlamentarier votierten dafür, 27 dagegen, drei Kommunalpolitiker enthielten sich der Stimme.

Die Dreier-Koalition winkte gleichzeitig die damit verbundenen Konsolidierungsmaßnahmen durch, zu denen die Zusammenlegung der Schule am Brunnen in Frohnhausen mit der Goldbachschule sowie der Scheldetalschule in Niederscheld mit der Schelderwaldschule Oberscheld ebenso gehören, wie die Schließung des Ferienlagers in Lenste. Da nützten auch die 8938 Unterschriften nichts, die der Förderverein Lenste in den zurückliegenden Wochen gesammelt hatte. Vereinsvorsitzender Bruno Muskat überreichte die zwei dicken Ordner gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern Dennis Schneider und Doris Hansen an die Kreistagsvorsitzende Elisabeth Müller. 

Ein klein wenig Hoffnung gibt es vielleicht noch für Lenste. Ein Änderungsantrag der FWG wurde vom Kreistag verabschiedet. Er sieht vor, dass der Kreisausschuss gemeinsam mit dem Förderverein noch einmal alle Möglichkeiten prüft, um das Ferienlager eventuell doch noch zu erhalten.

Zu Beginn der Debatte hatte Landrat Wolfgang Schuster das Konsolidierungsprogramm „als hart aber zumutbar“ bezeichnet. Bei den zur Zusammenlegung und zur Schließung anstehenden Schulen handele es sich sämtlich um Einrichtungen, bei denen in Zukunft hohe Investitions- und Unterhaltungskosten anstünden und für die es sinnvolle Alternativen gebe. Soziale Einrichtungen und Vereine würden nicht belastet. „Es wird auch zukünftig Kinder- und Jugendfreizeiten geben und jedes Kind wird in einer guten Schule unterrichtet und betreut“, sagte der Landrat.

Schuster verwies in seiner Rede auf den demografischen Wandel, der zwangsläufig dazu führe, dass die Schulsituation dem Bedarf angepasst werden müsse. So habe es im Jahr 2000 im Kreis 12 093 Kinder im Grundschulalter gegeben. Die Zahl sei bis 2011 auf 9090 geschrumpft und werde 2030 voraussichtlich bei 7813 liegen. „Wir haben heute 5000 Menschen mehr im Alter über 80 Jahren als Kinder in unseren Grundschulen beschult werden“, sagte Schuster. Und weiter: „Wir können es uns nicht mehr leisten, nicht mehr benötigte Infrastruktur vorzuhalten.“ Erster Kreisbeigeordneter Heinz Schreiber ergänzte, dass die Gesamtschülerzahl im Kreis von 2006 (rund 41 000) auf 36 000 im Jahr 2012 gesunken sei. „Diese Differenz muss doch einfach mal zur Kenntnis genommen werden.“

Jörg-Michael-Müller (CDU) warf dem Landrat und der Regierungskoalition „politische Arroganz“ vor. Anstatt das Angebot der Union anzunehmen und über die Konsolidierungsmaßnahmen eine ausführliche Diskussion zu führen, habe der Landrat ohne Beteiligung des Parlaments seine Sparvorschläge mit dem Regierungspräsidenten ausgehandelt. Den Zustand des Kreises verglich Müller mit dem des Rednerpultes im Kreistag: „marode, schmutzig und abgewrackt.“ Selbst die eigenen Leute seien über das Vorgehen nur unzureichend informiert gewesen. „Gutsherrenpolitik“ sei dafür der passende Ausdruck.
Die CDU hatte eine Reihe von eigenen Sparvorschlägen gemacht, die von der Einsparung einer weiteren Dezernentenstelle über Streichungen im Stellenplan und Nachmittagssitzungen im Kreistag bis zur pauschalen Reduzierungen der Ausgaben für den Brandschutz und Gewinnausschüttungen der beiden Sparkassen reichten. Ihre Änderungsanträge wurden sämtlich abgelehnt, genauso, wie die von der FDP, die wie die Christdemokraten die Schulschließungen verhindern wollte.

Wolfgang I regiert

CDU-Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Irmer hieb in die gleiche Kerbe. Die Vorgehensweise, wie im Lahn-Dill-Kreis das Konsolidierungsprogramm aufgestellt worden sei, sei „juristisch in Ordnung, aber politisch völlig unklug.“ Anhand eines Märchens machte Irmer deutlich, wie der Kreis offenbar vom Sonnenkönig Wolfgang I regiert werde, der mit seinen Untertanen nicht diskutieren wolle. Motto: der Kreis bin ich. Da sei es nur folgerichtig, Schulen zu schließen, denn: „Gebildete Untertanen sind kritischer als Ungebildete.“ Irmer warf dem Landrat zudem einmal mehr vor, bei der ganzen Diskussion mit nicht belegbaren Zahlen zu argumentieren.

Schuster habe zudem ein Glaubwürdigkeitsproblem. So habe er beispielsweise noch im Oktober 2010 gesagt, so lange er Landrat sei, werde das Ferienlager Lenste nicht geschlossen. Als die Schule am Brunnen in Frohnhausen vor vier Jahren Jubiläum gefeiert habe, habe der Landrat gesagt, Kollegium und Eltern brauchten sich keine Sorgen zu machen, die Bildungsstätte sei demografiefest.

Die Kritik der Christdemokraten fasste SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. David Rauber zusammen. An die Adresse Müllers gerichtet sagte er: „Sie haben keine tragfähigen Alternativen genannt und statt dessen Unverschämtheiten verbreitet.“ Die Schuldenmisere führte Rauber überwiegend darauf zurück, dass der Kreis mit immer mehr Pflichtaufgaben belastet werde, seine Einnahmesituation aber kaum verbessern könne.
Den Vorschlägen der CDU habe er wenig Belastbares entnehmen können. So sei eine pauschale Kürzung der Transferleistungen beispielsweise gar nicht möglich, weil die Zahlungsempfänger einen gesetzlichen Anspruch darauf hätten.

Dass der Kreisregierung die Bildung am Herzen liege, zeige alleine die Tatsache, dass im aktuellen Haushalt 67 Millionen Euro für die Schulen vorgesehen seien. Seit 2007 seien 355 Millionen Euro für die Schulen aufgewendet worden. „Unser Paket bringt Einsparungen, ist konkret und lebt nicht vom Prinzip Hoffnung“, sagte Rauber.

Der Kreis habe seit 25 Jahren über seine Verhältnisse gelebt und wolle nun ausschließlich an der Bildung und auf Kosten der Kinder sparen, warf Dr. Matthias Büger (FDP) der Regierungskoalition vor. Dass die Einsparvorschläge an allen Kreisausschüssen vorbei gemacht worden seien, „ist ein schlechter Stil und zeugt von einem höchst bedenklichen Demokratieverständnis.

Mit der Art und Weise, wie es zu den Einsparvorschlägen gekommen ist, war auch Martina Clement (Grüne) alles andere als einverstanden. „Die Kreisgremien hätten mehr in die Entscheidung eingebunden werden müssen. Offensichtlich traut der Landrat den politischen Gremien keine konstruktive Diskussion zu“, meinte sie. Die Grünen würden sich nicht zum Abnicken degradieren lassen.

Clement teilte allerdings die Einschätzung Schusters und Raubers, dass der Kreis nicht durch eigenes Verschulden in die Schuldenkrise gerutscht sei. Das Einsparungskonzept sei ein guter Ausgangspunkt für die nächsten Jahre. Aus ihrer Sicht erscheint es auch nicht sinnvoll, Gewinne der beiden Sparkassen für den Kreishaushalt zu verwenden. Da bleibe nach Abzug der Steuern nicht viel übrig. Die Sparkassen dienten den Menschen mit ihren Spenden aus ihren Stiftungen viel mehr.

Hart ins Gericht mit den Christdemokraten ging Thea Garotti (Grüne). Angesichts des ihrer Meinung nach theatralischen Auftritt Müllers, empfahl sie dem Ensemble, einmal neue Texte einzuüben. Die Opposition habe in den zurückliegenden Monaten nichts weiter geleistet, als Anträge ohne jegliche Substanz zu stellen. „Sie wollen den Eindruck erwecken als könne man sechs Millionen einsparen, ohne dass das wehtut!“ Bezüglich des Vorwurfs, an der Bildung zu sparen sagte Garotti: „Wir investieren lieber in Qualität als in Quantität!“

Dill-Zeitung vom Dienstag, 5. Februar 2013, Seite 17

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