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Mission: Fachkräfte halten

JAHRESEMPFANG Arbeitsagentur analysiert Lage der Firmen

VON OLIVIA HEß

Weilburg/Wetzlar. Auszubildende werden ins Rhein-Main-Gebiet gelockt, ältere Arbeitnehmer wollen möglichst früh aus dem Berufsleben aussteigen: Die Firmen in der Region werden um Fachkräfte kämpfen müssen, meint Angelika Berbuir, Chefin der Agentur für Arbeit Limburg-Wetzlar.

Das Bestreben, Fachkräfte zu binden, müsse in den Fokus rücken, mahnte Berbuir am Donnerstagabend beim Jahresempfang des Arbeitgeberservices der Arbeitsagentur. 200 Vertreter aus Wirtschaft und Politik aus den Landkreisen Limburg-Weilburg und Lahn-Dill waren dazu in den Weilburger Komödienbau gekommen.

Ihre Aufforderung untermalte die Vorsitzende der Arbeitsagentur mit den Zahlen des vergangenen Jahres. Der demografische Wandel im Kreis Limburg-Weilburg sei zu spüren: Denn weniger Schüler bedeutet weniger Bewerber für eine Lehrstelle.

Jugendliche zieht es an Rhein und Main, den Firmen hier fehlen sie in einigen Jahren

2013 buhlten 4,6 Prozent weniger Schulabgänger um eine Ausbildung als ein Jahr zuvor. Verstärkt werde dies durch das Bestreben vieler Absolventen, anstatt einer Ausbildung einen höheren Abschluss draufzusatteln oder ein Studium aufzunehmen. Abwerbeversuche aus dem Rhein-Main-Gebiet machten es zudem schwieriger, „die vakanten Ausbildungsstellen qualifiziert zu besetzen“, so Berbuir.

Eine Gefahr, die die Agenturchefin auch auf den Lahn-Dill-Kreis zukommen sieht. Dort sei die Situation im vergangenen Jahr – „vermutlich letztmalig“ – entspannt gewesen. So meldeten sich 2394 Bewerber für eine Lehrstelle – das sind 5,1 Prozent mehr als im Jahr 2010. Das Problem: Die angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland führte dazu, dass die Zahl der Ausbildungsplätze im gleichen Zeitraum um 10,5 Prozent auf 1494 zurückging. „Sollte sich diese Tendenz nicht mehr umkehren lassen, besteht auch für den Lahn-Dill-Kreis die Gefahr, ausbildungswillige und ausbildungsfähige Jugendliche und damit zukünftig dringend benötigte Fachkräfte an das Rhein-Main-Gebiet oder den Landkreis Gießen zu verlieren“, schlug Berbuir Alarm. Bereits jetzt profitierten Verwaltungen und Firmen jenseits der Lahn-Dill-Kreisgrenze vom sinkenden Lehrstellenangebot: Während die Zahl der freien Lehrstellen um 10,5 Prozent im Lahn-Dill-Kreis zurückging, stieg die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 9,1 Prozent, weil mehr Jugendliche auspendeln.

Unterm Strich waren noch nie so viele Menschen in beiden Kreisen in sozialversicherungspflichtigen Jobs wie 2013. Allerdings: Zur gleichen Zeit blieb die Zahl der Arbeitslosen annähernd gleich im Vergleich zum Vorjahr. Im Jahresdurchschnitt waren 13.552 Arbeitslose gemeldet. Die Arbeitslosenquote betrug im Schnitt im Arbeitsmarktbezirk 6 Prozent. Für diesen scheinbaren Widerspruch gebe es drei Gründe: mehr sozialversicherungspflichtige Teilzeitjobs, mehr Frauen, die beruflich wieder einsteigen, und mehr Arbeitnehmer aus dem Ausland. Die Zuwanderung biete mehr Chancen als Risiken, sagte Berbuir. Weil die geburtenstarken Jahrgänge in den kommenden zehn Jahren den Arbeitsmarkt verließen, bräuchte Deutschland pro Jahr eine Nettozuwanderung von 200 000 Menschen, um die Folgen des demografischen Wandels, sprich den Fachkräftemangel, abzumildern.

Um diese Dramatik zu unterstreichen, hatte der Landrat des Lahn-Dill-Kreises, Wolfgang Schuster (SPD), einige Zahlen parat. So gebe es im Lahn-Dill-Kreis derzeit 86.000 Jobs und 150.000 Einwohner im arbeitsfähigen Alter von 20 bis 65 Jahre. Im Jahr 2050 seien es nur nich 102.000 in dieser Altersgruppe, also 46.000 weniger. Das Bild im Kreis Limburg-Weilburg sehe ähnlich aus: 46.500 Jobs stehen heute noch 10 2000 20- bis 65-Jährige gegenüber, in 36 Jahren seien es nur noch 70 000.

Wetzlarer Neue Zeitung vom Samstag, 8. März 2014, Seite 16

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