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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

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Patient war nie nur ein „Fall“

Stehende Ovationen für Chefarzt Georg Kleinhans

Wetzlar (wv). Es war wohl der emotionalste Abschied eines Arztes in der Geschichte des Wetzlarer Klinikums, der jetzt dem langjährigen Chefarzt und Urologen Dr. Georg Kleinhans nach 25 Jahren zuteil wurde.

Geschäftsführer Richard Kreutzer lobte den gebürtigen Münsterländer Privat-Dozenten als einen exzellenten Mediziner und liebenswerten Menschen, der die Entwicklung des Hauses zum Wohle der Patienten entscheidend mitgestaltet habe. Zuvor hatte Kreutzer am Dienstagabend rund 120 Gäste in der Cafeteria des Klinikums begrüßt. Unter ihnen die heimische Bundestagsabgeordnete Sybille Pfeiffer, Ex-Landrat Karl Ihmels und Vertreter der Kommunen, Kirchen und des Gesundheitswesens. Aber auch viele Mitarbeiter waren gekommen, um „Tschüss“ zu sagen.

„Dem Naturell der Münsterländer ist ein Stück Sturheit und Ruhe zu eigen, sie können aber auch sehr deutlich ihre Meinung vertreten, wenn ihnen etwas gegen den Strich geht. Und davon haben in erster Linie ihr Team und die Patienten profitiert, für die sie, trotz Fallpauschale und Zeiteinheiten, immer Zeit und ein offenes Ohr hatten“, lobte der Krankenhauschef den 65-jährigen Chefarzt, der die vertragliche Ruhestandsrege-lung mit einem lachenden und einem weinenden Auge sieht. „Der Mensch geht vor“, diese Einstellung hat ihr Leben und die vorbildliche Arbeit als Mediziner geprägt“, so Landrat Wolfgang Schuster in seiner Laudatio. Dabei bezeichnete er den aktiven Christen als einen Arzt, der immer zur Stelle war, wenn es um das Wohl seiner Patienten ging, auch wenn er dabei an Grenzen gestoßen sei. „Damit und durch ihr soziales und medizinisches Engagement im Umfeld der Klinik haben Sie sich bei der heimischen Bevölkerung den Ruf eines erfahrenen und sympathischen Arztes erworben. Und der vielgehörte Rat: wenn du gesundheitliche Probleme hast, „red' doch mal mit dem Kleinhans“, war besonders in der Männerwelt weit verbreitet.

Aber auch die medizinische Weiterentwicklung der „Urologie“ zu einem anerkannten Fachbereich trägt ihre Handschrift. Dafür gebührt ihnen Lob und Dank“, so der Aufsichtsratsvorsitzende der Lahn-Dill-Kliniken.

■ Zuwendung wird immer seltener

Als guten Geist bezeichnete Privatdozent Erich Lotterer Kleinhans. „Sie waren immer ein Teamspieler, besonders wenn es um die notwendige interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Onkologie ging. Die Medizin als Heilkunst war für Sie ein Dreiklang aus Mut, Demut und Glaube. Eine ideale Kombination, der Sie sich mit viel Kraft zugewandt haben. Für sie waren die Patienten kein Fall, sondern Menschen, die medizinische Hilfe benötigten – ethische Eigenschaften, die in unserer schnelllebigen Medizinwelt oft untergehen. Auch das Engagement als Vorsitzender der Hygienekommission, Kontaktperson für die Patientenfürsprecher und als Initiator von 134 Fotoausstellungen in seiner Klinik sind erwähnenswerte Aktivitäten, die der Kollege neben seiner Verantwortung als Chefarzt übernommen hat.“

Kleinhans bedankte sich mit bewegter Stimme für die vielen Lobesworte. Aber er äußerte sich auch kritisch zu Entwicklungen im Klinikalltag, die letztlich zu Lasten der Patienten gehen. Durch die Einführung der „Diagnosebezogenen Fallgruppen-Klassifizierung“ (DRG) bestimme die Ökonomie das Gesundheitswesen. Dadurch seien die Stellung des Arztes, und das Arzt-Patienten-Verhältnis grundlegend anders geworden.

„Die Liegezeiten sind durchgetaktet, jede ärztliche Handlung ist der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Und ein Krankenhaus ist gegenüber dem „Medizinischen Dienst der Kassen“ (MDK) nur erfolgreich, wenn es lukrative Fallpauschalen abrechnet und dabei die Personalkosten niedrig halten kann. Heute bestimmen Effizienzsteigerung und Rationalisierung den Klinikalltag. Dabei bleibt die Zeit, die für Zuwendung und persönliche Gespräche so wichtig ist, auf der Strecke, denn sie ist nicht erlösrelevant. Patienten brauchen aber in ihren existenziellen Krankheitserfahrungen keine Ärzte als Leistungserbringer, sondern Persönlichkeiten, bei denen sie sich menschlich aufgehoben fühlen“.

Wetzlarer Neue Zeitung vom Samstag, 3. Mai 2014, Seite 19

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