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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster
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Schuster: „Gerechtigkeit ist unser Kerngeschäft“
Landrat bleibt an der Spitze – Kandidaten läuten Schlussoffensive des Wahlkampfs ein
VON CHRISTINE KRAUSKOPF
Haiger. Landrat Wolfgang Schuster bleibt Vorsitzender des SPD-Unterbezirks. Er hielt am Samstag vor seinen Genossen in der Haigerer Stadthalle eine gut gelaunte und flammende Rede, bei der er immer wieder auf die soziale Gerechtigkeit einging. Das sei das Kerngeschäft der Sozialdemokraten.
Beispiel Kliniken: „Die Krankheit darf nicht dazu dienen, Gewinne zu erzielen“, sagte er und sprach sich damit gegen einen möglichen Verkauf und eine Privatisierung des Klinikums Wetzlar-Braunfels-Dillenburgs aus. Es gebe einen Sicherstellungsauftrag der Landkreise was die Gesundheitsversorgung angehe. „Den wollen wir auch wahrnehmen“.
171 Hausärzte praktizierten zurzeit im Lahn-Dill-Kreis. Bis zum Jahr 2025 würden 109 von ihnen über 67 Jahre alt sein und ihre Praxis aufgeben. Der Medizinernachwuchs sei zu 70 Prozent weiblich. Viele hätten wenig Interesse daran, sich selbstständig zu machen, sagte Schuster. Auch würden die jungen Frauen gerne – zumindest für eine Weile – in Teilzeit arbeiten.
Schuster plädierte dafür, dass Ärzte und Ärztinnen bei den Kliniken fest angestellt und von dort aus auf Zeit aufs Land geschickt werden. In Wetzlar seien allen Stellen besetzt, dort gebe es seit dem Sommer 2011 einen Betriebskindergarten am Klinikum, der an allen Tagen im Jahr 24 Stunden geöffnet habe.
„Will mich nicht für schlecht bezahlte Müllwerker schämen“
Vehement sprach sich Schuster für einen Mindestlohn von 11,50 Euro aus. „Ich will mich nicht morgens um 6 Uhr schämen, weil Müllwerker so schlecht bezahlt werden“, sagte er.
200 Millionen Euro seien in den vergangenen sieben Jahren im Kreis in die Schulen investiert worden. Gleichzeitig sei die Zahl der Schüler von 41 000 auf 37 000 zurückgegangen. Man sei auf dem Weg vom Kindergarten zum Omagarten. 2030 würden nur noch 3,4 Prozent der Einwohner im Lahn-Dill-Kreis zwischen 6 und 10 Jahre alt sein und somit die Grundschule besuchen, während doppelt so viele – etwa 8 Prozent der Menschen – älter als 80 Jahre sein werden. Dieses Szenario müssten dann 124 092 Menschen finanzieren, 21 Prozent weniger als noch im Jahr 2000.
„Aber“, so machte Schuster deutlich, „Demografie ist keine Krankheit, sondern ein Prozess der gesellschaftlichen Veränderung. Wir werden weniger, bunter und älter.“
Die Breitbandversorgung sei ein Beispiel für Marktversagen. Häuser ohne schnelles Netz würden auf dem Immobilienmarkt weniger wert sein als Häuser mit Versorgung. So würden 700 000 Euro Häuserwert vernichtet. Schuster sprach sich dafür aus, die E.ON Mitte wieder zu kommunalisieren.
Stolz ist Schuster darauf, dass die Arbeitslosenzahlen von 13 236 im Jahr 2005 auf 7792 im Jahr 2012, also um 41 Prozent, gesenkt werden konnten. Die Zahl der Erwerbstätigen (mit Selbstständigen) sei in dieser Zeit um fast 5 Prozent gestiegen.
Der Landrat kritisierte heftig, dass die Zahl der so genannten Aufstocker (Arbeitnehmer, die zusätzlich zu ihrem Lohn auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind) von 800 im Jahr 2005 auf 3300 im Jahr 2012 gestiegen sei. Das bedeute etwa 16 Millionen Euro kommunales Geld. „Wenn nicht wir den Mindestlohn fordern, wer dann?“, fragte er rhetorisch.
Um Langzeitarbeitslosen die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, bekommt der Kreis Eingliederungsmittel. Während die Zahl der Hartz IV-Empfänger in etwa gleich geblieben sei, seien die Mittel für Eingliederungen von Ursula von der Leyen halbiert worden. „Das ist eine Betonierung der Langzeitarbeitslosigkeit“, erklärte Schuster.
„Die Parteien sind unterscheidbar“, betonte Bundestagskandidatin Dagmar Schmidt. Der Mindestlohn sei eine Frage des Respekts. Wer arbeite, müsse von seinem Lohn anständig leben können.
Sie setzt sich für ein neues Kindergeld und für die schrittweise Abschaffung der Kindergartengebühren ein.
Für die Pflege schlägt sie eine Bürgerversicherung vor und möchte die pflegenden Angehörigen mehr unterstützen. „Eine liebevolle Pflege darf keine Frage des Geldes sein“, sagte sie.
Das Rentenkonzept sieht unter anderem eine Solidaritätsrente in Höhe von 850 Euro vor. „Das gibt es nur mit uns“, sagte Dagmar Schmidt.
Um die soziale Gerechtigkeit zu bezahlen, müssten der Spitzensteuersatz und die Vermögenssteuer erhöht werden. „Wen betrifft das eigentlich?“, fragte sie und gab auch gleich die Antwort: Alleinstehende mit einem Einkommen von 100 000 Euro, beziehungsweise Paare mit einem Einkommen von 200 000 Euro im Jahr sowie Erwerbstätige ab einem Einkommen von 64 000 Euro (Paare: 128 000 Euro) bei der Vermögenssteuer. „Bedenkt, dass das Durchschnittseinkommen bei 30 000 Euro pro Jahr liegt und überlegt euch, wen die Steuererhöhung betrifft“, sagte Dagmar Schmidt.
„Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem die Reallöhne sinken“, sagte Landtagskandidat Murat Polat. „Und das, während ein Überschuss – oder besser: eine Beute in Höhe von acht Milliarden Euro erwirtschaftet wurde.“ Der Überschuss komme nur zustande, weil das Geld nicht bei den Familien, die in Vollzeit arbeiten, ankomme.
Sei ein Minijob früher nur ein Nebenverdienst gewesen, würden Menschen heute für das Geld arbeiten, um über die Runden zu kommen. Er appellierte: „Leute, geht zur Wahl, es wird brenzlig!“
Landtagskandidatin Cirsten Kunz setzt sich vor allem für soziale Gerechtigkeit bei Menschen mit Behinderung ein. Sie möchte mit ihnen nicht nur dem Fachkräftemangel begegnen, sondern auch eine politische Vertretung für sie sein. Alle Kinder sollen Regelschulen und -kindergärten besuchen können. Und alle sollen die gleichen Chancen erhalten.
Staunen über fallende Strompreise
Stephan Grüger, ebenfalls Landtagskandidat, berichtete, dass er mittlerweile 6900 Haushalte besucht habe. Bildungspolitik, Energiewende und soziale Gerechtigkeit würden die Menschen beschäftigten.
Auf einen Bildungsaufsteiger kämen in Hessen neun Bildungsabsteiger. „Das ist ein wirklicher Skandal!“, rief Grüger.
Die Menschen seien erstaunt, wenn er ihnen vorrechne, dass der Strompreis wegen der Einspeisung der erneuerbaren Energie falle, die sinkenden Preise aber nicht an die Verbraucher weitergegeben würden.
Alle Kandidaten erhielten tosenden Applaus für ihre Vorträge.
Wolfgang Schuster wurde in seinem Amt als Vorsitzender des Unterbezirks mit 107 von 107 Stimmen bestätigt. Er wird von Stephan Grüger und Dagmar Schmidt vertreten. Cirsten Kunz wurde zur Schatzmeisterin bestimmt. Rüdiger Harz-Bornwasser ist Schriftführer. Neu im Team ist Sabrina Zeaiter, die Stefan Scholl als Pressesprecher ablöst. Zu Beisitzern gewählt wurden Beatrix Egler, Dietmar Glaßer, Ulrike Göttlicher-Göbel, Anke Hartmann, Daniel Hofmann, Sandra Ihne-Köneke, Kristin Krause, Heinz Lemler, Jörg Menger, Anne Naumann, Karlheinz Pfaff, Murat Polat, Stefan Scholl, Andreas Stahl und Joscha Wagner.
Dill-Zeitung vom Montag, 26. August 2013, Seite 13