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Deutschland

SPD-Initiative zur Armutszuwanderung erfolgreich

Bundesregierung konkretisiert Unterstützung für betroffene Kommunen

Informationsbrief der Bundes SGK 4/2014 für sozialdemokratische Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker

Am 26. März hat das Bundeskabinett den Zwischenbericht des im Januar eingesetzten Staatssekretärsausschusses "Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten" gebilligt. Damit wird die auf Verlangen der SPD im Koalitionsvertrag verankerte Vereinbarung umgesetzt, wonach die neue Regierung zügig eine Unterstützung der von der Armutszuwanderung betroffenen Kommunen erreichen muss.

Dieser Forderung hatte sich die schwarzgelbe Vorgängerregierung über viele Monate hinweg verweigert. Erfreulich ist deshalb vor allem, dass der Bund mit dem Bericht, wie von der SPD seit langem gefordert, eine gesamtstaatliche Verantwortung für die Herausforderungen der Armutsmirgation anerkennt und entgegen der zum Jahresbeginn von der CSU geführten Missbrauchsdebatte zur Versachlichung beiträgt.

Aus Sicht der betroffenen Kommunen ist dabei entscheidend, dass man sich dem Problem umfassend, schnell und vor allem auch als sozial- und integrationspolitische Herausforderung nähert. Zur Verfügung stehen sollen dafür in den nächsten Jahren rund 210 Mio. EUR aus vorhandenen Förderprogrammen des Bundes. Im weiteren Prozess der Arbeit des Staatssekretärsausschusses bis zur Jahresmitte werden die bislang vorgeschlagenen Maßnahmen weiter konkretisiert.

Zur Einordnung

Spätestens seit 2012 verweisen mehrere stark betroffene Städte auf die besonderen Herausforderungen und menschlichen wie sozialen Nöte einer wachsenden Armutszuwanderung aus Südosteuropa. Dabei geht es nicht um eine pauschale Kennzeichnung von Migrantinnen und Migranten aus Bulgarien und Rumänien, die sich in der großen Mehrzahl außerordentlich gut in den Arbeitsmarkt und ihr soziales Umfeld integrieren. Im Mittelpunkt steht vielmehr eine sich in bestimmten Kommunen und Quartieren konzentrierende Zuwanderung von Menschen, die aus prekären Verhältnissen stammend auch hierzulande unter schwierigsten Bedingungen leben, vielfach missbraucht und ausgebeutet durch kriminelle Strukturen und Abhängigkeiten.

Die SPD hat sich diesem Problem als erste Partei ernsthaft zugewandt. Bereits Ende 2012 wurden hierfür Lösungs- und Unterstützungsmöglichkeiten diskutiert. Die Forderung nach einem unbürokratischen Soforthilfeprogramm und entschiedenem Handeln auf europäischer Ebene und in den Herkunftsländern wurde in das Regierungsprogramm aufgenommen. Dies war umso wichtiger, als eine zwischenzeitlich eingesetzte Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Kommunen zu keinen Ergebnissen gelangte, da sich die schwarzgelbe Regierung diesem Problem weitgehend verweigerte. Erst mit dem Koalitionsvertrag gelang es, trotz erheblicher Widerstände seitens der Union die notwendige Umorientierung vorzunehmen und stärker die Probleme der betroffenen Kommunen in den Vordergrund zu rücken.

Mit der Einsetzung des Staatssekretärsausschusses unter Federführung des Bundesinnen- sowie des Arbeits- und Sozialministeriums besteht nunmehr eine Struktur, die ein ressortübergreifendes Handeln für ein komplexes integrations- und sozialpolitisches Problem ermöglicht. Dies beinhaltet auch die Diskussion von Maßnahmen, die einer sog. "Missbrauchsbekämpfung" dienen sollen. Dabei wird jedoch erkennbar, dass es hier um die Vermeidung von Fehlanreizen und vor allem um die Bekämpfung krimineller und ausbeuterischer Strukturen gehen muss. Denn es darf nicht der unzutreffende Eindruck erweckt werden, Zuwanderer aus betroffenen Ländern würden die Freizügigkeit missbrauchen oder etwaige Sozialleistungen hierzulande widerrechtlich in Anspruch nehmen.

Inhalt des Zwischenberichts in Kürze

Mit dem vorliegenden Zwischenbericht wird eine substantielle Problemeinordnung vorgenommen. Nach einer kurzen Zusammenfassung (Teil I, S. 6-11) gibt der 133 Seiten starke Bericht neben einer erweiterten Bestandsaufnahme zur Zuwanderung (Teil II, S. 12-39) und Rechtslage (Teil III, S. 40-64) einen Überblick über bestehende und neue Hilfsmöglichkeitn für betroffene Städte (Teil IV, S. 65-85) und erläutert daraufhin mögliche Anpassungen im Freizügigkeits-, Sozial- und Ordnungsrecht (Teil V, S. 86-98).

Es ist zu beachten, dass es sich dabei um Ausführungen und Vorschläge eines Zwischenberichts handelt. Seine einzelnen Punkte sind im weiteren Verlauf zu konkretisieren und im Austausch mit den Ländern und betroffenen Kommunen weiter zu entwickeln. Die aus kommunaler Sicht zentralen Maßnahmen sind dabei:

  • Insgesamt rund 210 Mio. EUR in den kommenden Jahren im Rahmen der Städtebauförderung und durch Europäische Programme wie ESF und FEAD mit Bundesmitteln verlässlich ausgestattet und auf die kommunalen Bedarfe zugeschnitten (S. 10 des Berichts)
  • Darunter bereits im Jahr 2014 rund 10 Mio. EUR aus dem Programm Soziale Stadt mit dem Ziel einer flexibleren, unbürokratischen und im Einzelfall auch außerhalb bestehender Fördergebiete möglichen Nutzung (S. 10 und 80f. des Berichts)
  • Darunter aus dem Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen (FEAD) in den kommenden Jahren jeweils bis zu 10 Mio. EUR u. a. für Orientierungshilfen und Clearingstellen, aufsuchende Beratung und Integrationslotsen (S. 10, 76 und 82 des Berichts)
  • Darunter in den übrigen verschiedenen Bundesprogrammen des Europäischen Sozialfonds (ESF) Mobilisierung von 120 Mio. EUR in der laufenden Förderperiode 2014 bis 2020 (S. 10, 71ff. und 80ff. des Berichts)
  • Maßnahmen zur schnelleren und besseren Klärung des Krankenversicherungsschutzes von Unionsbürgerinnen und -bürgern und Einbezug der gesetzlichen Krankenversicherung - etwa bei Impfkosten für nicht versicherte Kinder (S. 81 des Berichts)
  • Anpassung der bundesseitig finanzierten Integrationskurse für Zuwandernde an den Bedarf der Zielgruppe in den besonders betroffenen Städten (S. 79 und 84f. des Berichts)
  • Verbesserte Überprüfungsmöglichkeiten der Berechtigung zum Bezug von Kindergeld (S. 91f. des Berichts)
  • Intensivierte Behördenzusammenarbeit sowie gewerbe- und melderechtliche Verbesserungen zur Verfolgung von Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit (S. 95f. des Berichts)

Der vollständige Bericht kann im Internet auf den Seiten der Bundesregierung abgerufen werden unter: http://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/a813-zwischenbericht.html

Bewertung aus Sicht der Bundes-SGK

Mit dem vorliegenden Zwischenbericht wird ein wichtiges Wahlversprechen der SPD an die Kommunen umgesetzt. Im Mittelpunkt steht dabei zunächst die Anerkennung einer gesamtstaatlichen Verantwortung für örtliche Probleme, die sich aus kommunal nicht beeinflussbaren und letztlich europäischen Migrationsbewegungen ergeben. Dies hatte die schwarzgelbe Vorgängerregierung stets abgelehnt und wurde von der SPD in den Koalitionsverhandlungen gegen erheblichen Widerstand durchgesetzt.

Sichtbar wird dies auch daran, dass die materiell belastbaren Maßnahmen zur Unterstützung betroffener Kommunen von sozialdemokratisch geführten Ressorts, vor allem durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, vorangetrieben werden. Hervorzuheben sind hier die in Aussicht gestellten Unterstützungsmöglochkeiten im Rahmen des Städtebaus und des Programms Soziale Stadt sowie im Rahmen der Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds ESF und dem Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen FEAD im Umfang von rund 210 Mio. EUR in den nächsten Jahren. Sofern sich die angestrebten Regelungen für eine Teilnahme von Kommunen in Haushaltsnotlage realisieren lassen und eine ausreichende Flexibilität und unbürokratische Verfahren gewärleistet werden, ist dies ein Erfolg der SPDPolitik in der Koalition.

Da es sich bei den jetzt vorgelegten Ansätzen um einen Zwischenbericht handelt, wird es in den kommenden Wochen und Monaten darum gehen, gemeinschaftlich durch Bund, Länder und Kommunen an einer Konkretisierung und - soweit erforderlich - auch an einer Weiterentwicklung zu arbeiten. Zu diskutieren sind dabei insbesondere:

  • finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten der Kommunen hierzulande, die einen verlässlichen, aber flexiblen Mitteleinsatz für laufende Kosten und Zwecke gestatten und die nicht an die Zusätzlichkeit einer Maßnahme gebunden sind, sowie
  • die Sicherstellung und Finanzierung eines möglichst wirksamen Krankheitsschutzes von Zuwandernden.

Es muss unser Ziel sein, wie von der SPD gefordert, die erkannten Probleme zügig und wirksam in Angriff zu nehmen. Dies beinhaltet schließlich zwingend auch eine begleitende Evaluation der verschiedenen Maßnahmen, um deren Wirksamkeit einschätzen und erforderlichenfalls zeitnah steuernd und nachbessernd eingreifen zu können.

Weitere Materialien und Beschlüsse der Bundes-SGK zum Thema

“Armutszuwanderung aus Südosteuropa: Der Bund muss den betroffenen Kommunen zügig im Rahmen vorhandener Programmstrukturen helfen” / Positionspapier der Bundes-SGK vom 21.02.2014:
http://www.spd.de/scalableImageBlob/116154/data/20140221_sgk_armutszuwanderung-data.pdf

"Armutszuwanderung als gesamtstaatliche Herausforderung annehmen, betroffenen Kommunen zügig helfen!" / Positionspapier der Bundes-SGK vom 27.09.2013:
http://www.spd.de/linkableblob/112286/data/20130927_armutszuwanderung.pdf

"Zuwanderung aus Südosteuropa : die aktuelle Entwicklung und Diskussion als integrationspolitischer Testfall" / Beitrag von Dr. Alexander Götz in WISO Direkt, Friedrich-Ebert-Stiftung, vom Februar 2014:
http://library.fes.de/pdf-files/wiso/10554.pdf

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