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Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

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Und plötzlich die Telekom

Wirbel um Breitband GmbH / Bank stellt Darlehen zurück

Vectoring heißt die Technologie, mit der die Telekom den Ausbau des schnellen Internets in Deutschland vorantreiben will. Würde die Bundesnetzagentur das dem Unternehmen ohne Einschränkungen erlauben, wäre das für die Telekom so rentabel, dass sie nach eigenen Angaben bundesweit bis zu sechs Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren in den Breitband-Ausbau investieren will.

Dem gegenüber steht die geplante Lahn-Dill-Breitband GmbH: Kreis und Kommunen hatten sich zusammengeschlossen, um in eigener Regie Glasfaserkabel für die DSL-Versorgung in der Region zu verlegen, weil kein anderes Unternehmen – auch nicht die Telekom – dies tun wollte. 43 Millionen Euro wären für die Arbeiten im Kreis fällig. Nach 17 Jahren sollte das Geld durch die Miete, die Internetanbieter an die Breitband GmbH zahlen müssten, wieder zurückgeflossen sein.

So weit der Plan. Die Berechnung könnte aber Makulatur sein, wenn das Vectoring-Verfahren der Telekom möglich wird. „Das würde unsere Wirtschaftlichkeitsberechnung zunichte machen“, sagt Lahn-Dill-Landrat Wolfgang Schuster (SPD).

Landesregierung: 
Vectoring-Antrag sei ernstes Risiko für kommunale Projekte

Er zürnt: „Die Telekom ist nicht fair.“ Im vergangenen Frühjahr habe sich auf eine europaweite Ausschreibung kein Unternehmen gemeldet, das den Netzausbau im Lahn-Dill-Kreis übernehmen wollte. Noch im August habe die Telekom auf eine Anfrage geantwortet, sie habe keine Pläne für den Netzausbau in der Region. Am 19. Dezember habe die Telekom dann bei der Bundesnetzagentur das Vectoring beantragt.
Zwei Tage vorher hatten die Initiatoren der Lahn-Dill- Breitband GmbH den Darlehensantrag für die 43 Millionen Euro für den Netzausbau bei der Wirtschafts- und Infrastrukturbank (WI)-Bank gestellt. Das Land Hessen sollte Bürge sein.

Die WI-Bank hat bisher aber noch nicht entschieden, ob sie das Darlehen auch gewährt. Erst will sie abwarten, wie die Bundesnetzagentur entscheidet. WI-Bank-Sprecherin Claudia Ungeheuer verweist auf einen Kommentar der Landesregierung: „Der Vectoring-Antrag der Telekom stellt ein ernstzunehmendes Risiko für kommunale Ausbauprojekte dar.“
Ebenso hat die WI-Bank den Darlehensantrag aus dem Kreis Marburg-Biedenkopf zurückgestellt. Dort ist eine Breitband-GmbH schon gegründet. Der am Montag zum Geschäftsführer bestellte Klaus Bernhardt wird auch die Lahn-Dill-Breitband GmbH leiten.
Schuster und sein Marburger Kollege Robert Fischbach (CDU) hatten am Freitag auf der Computermesse Cebit in Hannover ein Gespräch mit einem Vertreter der Telekom. Seither wissen sie: Die Pläne des Unternehmens für den Netzausbau betreffen definitiv auch ihre Landkreise. Voraussichtlich Anfang April werde die Bundesnetzagentur ihre Entscheidung bekannt geben. „Das ist entscheidend fürs Projekt“, sagt Schuster. „Momentan ist alles offen.“

Bis zur Entscheidung der Bundesnetzagentur solle nun das Geschäftsmodell der geplanten Lahn-Dill-Breitband GmbH überarbeitet werden. Die meisten Parlamente der Kommunen im Lahn-Dill-Kreis haben sich inzwischen für den Beitritt zur GmbH ausgesprochen. Jede Kommune muss einen Geschäftsanteil einbringen.

Ziel soll weiter der flächendeckende 
DSL-Ausbau sein - ob in Eigenregie oder nicht

Ob das nun vergeblich war und das lange geplante und von der hessischen Landesregierung als Vorbild herausgestellte kommunale Netz im äußersten Fall hinfällig ist, wollte Schuster gestern nicht sagen. Ziel der GmbH sei schließlich, den flächendeckenden DSL-Ausbau im Kreis zu fördern. Wie auch immer. Das sagt auch sein Kollege Fischbach: „Die Aufgabe der Gesellschaft ist es, den Prozess weiter voranzutreiben.“

Vectoring - was ist das?

Vectoring ist der Name einer Technologie, die die Versorgung von Haushalten mit Breitband-DSL auch über Kupferkabel ermöglicht, die bereits im Boden liegen.

Eigentlich gewährleisten Glasfaserkabel die höchsten Übertragungsgeschwindigkeiten. Längst nicht überall in Deutschland liegen aber Glasfaserkabel in der Erde – für flächendeckende DSL-Versorgung müssten daher neue Leitungen verlegt werden. Die Telekom verweist auf eine Schätzung von Experten, dass dafür 80 Milliarden Euro nötig seien.

Die Technologie des Vectorings soll das um ein Vielfaches günstiger machen. So müssten laut Telekom keine Glasfaserkabel bis zu jedem Haus verlegt werden. Es reichen demnach Glasfaserkabel bis zu den Kabelverzweigern, die in den grauen Kästen überirdisch untergebracht sind. Von diesen Verzweigern können wie bisher die alten Kupferleitungen in die Häuser genutzt werden. Die in den Verzweigern installierte Vectoring-Technik sorge dafür, dass Überlagerungen von Signalen (Interferenzen) ausgeglichen werden. Diese Interferenzen machen eigentlich die Datenübertragung über Kupferkabel langsamer. Mit Vectoring seien aber Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 100 Mbit pro Sekunde möglich.

Die Telekom sagt auch: Ein Netzbetreiber (sie selbst) benötige die Kontrolle über sämtliche Leitungen, die am Kabelverzweiger ankommen. Andere Betreiber könnten keine eigene Technik mehr installieren. Nur so könnten elektromagnetische Störungen zwischen den Leitungen durch die neue Technologie ausgeglichen werden.

Laut Telekom wird Vectoring bereits in Belgien und Österreich eingesetzt. (diw)

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