Pressespiegel & Aktuelles

Pressespiegel & Aktuelles - Archiv von Wolfgang Schuster

Beachten Sie bitte, dass dieser Artikel vor 3465 Tagen veröffentlicht wurde.

Wie DSL, nur noch schneller

Wetzlar/Dillenburg (red). Das Internet im Lahn-Dill-Kreis soll nicht nur schneller werden, sondern sogar turboschnell. „Vectoring“ heißt das Zauberwort und steht für eine Technik, die die Geschwindigkeit der DSL-Anschlüsse noch einmal erhöht. 95 Prozent des Landkreises sollen davon profitieren.

DSL Vectoring soll Internet-Tempo noch verdoppeln / Infoveranstaltungen für Bürger

Herborn/Dillenburg/Haiger. Im Lahn-Dill-Kreis hat im August der Ausbau der schnellen Internetverbindungen begonnen. Demnächst werden die ersten Glasfaserkabel verlegt. Doch voraussichtlich wird es noch viel schneller als geplant. Dank einer neuen Technik könnten die Daten nochmal mindestens doppelt so schnell in die Wohnhäuser fließen. Telekom und Lahn-Dill-Breitband kündigten an, dass auch der Lahn-Dill-Kreis mit der sogenannten Vectoring-Technik rechnen könne. 

Derzeit finden in den Städten und Gemeinden Informationsveranstaltungen statt, die Bürger sollen über den Ausbau des schnellen Internets aufgeklärt werden. Vorige Woche kamen 150 ins Rechtenbacher Bürgerhaus, am Donnerstag nur elf in die Herbornseelbacher Mehrzweckhalle. Was geplant ist, erklären Telekom sowie „Lahn-Dill-Breitband“ (www.lahn-dill-breitband.de), ein Projekt des Kreises und der Städte und Gemeinden – gemeinsam haben sie den Ausbau gemanagt.

Das große Ziel: Bis zum 31. Januar 2017 soll der Lahn-Dill-Kreis mit schnellen Internetverbindungen versorgt sein, Bürger und Unternehmen sollen pro Sekunde Datenmengen von mindestens 30 Mbit aus dem Internet herunterladen und von mindestens 10 Mbit ins Internet hochladen können.

Genauer: 95 Prozent des Lahn-Dill-Kreises soll so versorgt sein. Einzelne abgelegene Gebäude, Forst- und Bauernhäuser, würden nicht erschlossen, erklärte Hermann Steubing in Herbornseelbach. Der frühere Mittenaarer Bürgermeister gehört seit Jahren zu den Verantwortlichen der „Lahn-Dill-Breitband“-Initiative, nun leitet er die Infoveranstaltungen.

Der Ausbau erfolgt in sieben Abschnitten. Start war am 1. August dieses Jahres in Bischoffen. Der letzte Abschnitt wird 2016 in Dietzhölztal und Haiger beginnen.

Die Ausgangslage im Lahn-Dill-Kreis ist so: Die meisten Haushalte und Unternehmen (96,4 Prozent) haben Internetverbindungen mit einer Geschwindigkeit von weniger als 2 Mbit pro Sekunde, nur 0,1 Prozent mehr als 25 Mbit/s. Bislang werden die Daten als elektrische Signale durch Kupferkabel geleitet. Das reichte in der Vergangenheit aus.

Telekom-Vertreter Jürgen Wolf erklärte in Herbornseelbach: Hausanschlüsse über Kupferkabel seien in den 70er, 80er Jahren konzipiert worden, um Sprache zu transportieren. Und selbst 1997 habe es im gesamten Internet weltweit nur so viel Datenverkehr gegeben, wie heutzutage bloß in einer Gemeinde mit 50 000 Einwohnern.

„Irgendwann werden alle Häuser direkt mit Glasfaserkabel erschlossen“

Nach dem jetzigen Ausbau sollen 95 Prozent der Haushalte und Betriebe im Lahn-Dill-Kreis mehr als 30 Mbit/s nutzen können.

Es gibt theoretisch drei Möglichkeiten, wie das schnelle Internet in die Häuser kommt: per Kupferkabel, also über Strom; per Glasfaserkabel, also über Lichtsignale; per Funk, zum Beispiel über Richtfunk oder LTE (wie bei den Handys).

Für die Telekom ist klar: „Glasfaser ist die Zukunft“. Im Lahn-Dill-Kreis werden deshalb insgesamt 350 Kilometer Glasfaserkabel verlegt. Allerdings nicht bis direkt zu den Hausanschlüssen, sondern nur bis zu den grauen Kabelverzweiger-Kästen in den Wohngebieten.

Von dort bis zu den Häusern, die „letzte Meile“, werden weiterhin die vorhandenen Kupferkabel genutzt. Und in den Kästen wird eine neue Technik eingebaut, die die ankommende Lichtsignale aus den Glasfaserkabeln in elektrische Signale umwandelt und über die Kupferkabel weiter bis zu den Häusern und einzelnen Computern leitet.

Grund für die halbherzige Lösung: das Geld. Der jetzige Ausbau im Lahn-Dill-Kreis kostet geschätzte 40 Millionen Euro, eine komplette Versorgung mit Glasfaser hätte nach einer Kostenermittlung des Kreises knapp 300 Millionen Euro gekostet. Trotzdem ist sich Wolf sicher: „Irgendwann werden alle Häuser direkt mit Glasfaserkabel erschlossen.“ Eine Einschätzung, die auch „Lahn-Dill-Breitband“ teilt.

Allerdings können Bürger und Unternehmer schon bald damit rechnen, dass ihre Internetverbindungen noch schneller werden, dass im Lahn-Dill-Kreis Datenübertragungsraten von mehr als 50 Mbit pro Sekunde Standard werden; dass nach dem Ausbau die Geschwindigkeit beim Upload nochmal vervierfacht und beim Download verdoppelt wird. Anlass für die Hoffnung ist eine neue Technik der Telekom: Vectoring (siehe Grafik). Sie verringert Störungen bei der Übertragung der elektrischen Signale durch das Kupferkabel und erhöht so die Geschwindigkeit auf der „letzten Meile“. Die Verteilerkästen müssen entsprechend technisch aufgerüstet werden.

Aber: Noch darf der Netzversorger Telekom nicht aufrüsten. Laut Steubing liegt die Genehmigung der EU vor. Verhandlungen mit der Bundesnetzagentur sowie den anderen Telekommunikationsunternehmen stünden noch aus . Diesen Konkurrenten muss die Telekom – gegen Bezahlung – den Zugriff auf ihr Netz gestatten. Steubing: „Dann wird es eingeführt.“ Er und Telekom-Vertreter Wolf gehen davon aus, dass anschließend auch die grauen Kästen im Lahn-Dill-Kreis mit Vectoring-Technik ausgestattet werden.

Die Telekom nutzt die Infoveranstaltungen auch, um Werbung für ihre Angebote zu machen. Allerdings sind Bürger und Unternehmer im Lahn-Dill-Kreis nach dem Ausbau nicht verpflichtet, ihre Internetverträge – sofern sie schnelleres Internet wollen – mit der Telekom abzuschließen. Sie können den Internetzugang auch von anderen Telekommunikationsunternehmen wie beispielsweise Vodafone oder 1&1 erhalten.

Steubing rät aber: Bürger sollten – mit welchem Anbieter auch immer – derzeit keine neuen Internetverträge abschließen, deren Laufzeit über den Start des schnellen Internets in den jeweiligen Gemeinden im Kreisgebiet hinausgehe. Sie sollten erst dann schauen, welche Geschwindigkeiten und Preise die Anbieter offerieren.

Der benachbarte Landkreis Marburg-Biedenkopf ist dem Lahn-Dill-Kreis beim Ausbau der schnellen Internetverbindungen um ein Jahr voraus. Dort sind schon die ersten Bürger mit schnellem Internet versorgt – und berichten von ersten Problemen (siehe Artikel auf dieser Seite): Das Telefon sei besetzt, obwohl niemand telefoniere, der Router müsse ständig neu programmiert werden und manchmal rausche es beim Telefonieren. 

Zurück zur Newsübersicht